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"Kommt
her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will
euch erquicken." (Matthäus 11,28)
Dieser
Spruch, der vor einigen Jahrzehnten noch an der Wand über dem
Altar zu lesen war, ist von der Sprache her für den Menschen
von heute, vor allem für die junge Generation, gar nicht sofort
verständlich. Anglizismen wie "Computer" oder "Job" werden leichter
verstanden als die alten deutschen Wörter "mühselig" und
"erquicken". Deshalb möchte ich sie an Beispielen kurz erläutern:
"Mühselig" enthält ja das Wort "Mühe" und Mühe
bedeutet immer etwas Anstrengendes,auch Belastendes. "Selig" hat ursprünglich
die Bedeutung von "glücklich", "gesegnet". Das heißt also,
dass man durch Bemühungen glücklich, gesegnet wurde.
"Erquicken"
hingegen bedeutet sprachgeschichtlich gesehen "lebendig machen", "wieder
beleben", in der Medizin würde man es lateinisch ausdrücken,
nämlich "reanimieren". Als Erquickung empfand man in Zeiten,
als es noch keine Limonadengetränke gab, das reine, kalte Wasser
einer Quelle(>Ortsname "Schönborn"), aus der man trank,
wenn man bei großer Hitze lange draußen gearbeitet hatte
oder weite Strecken gewandert war. Es wirkte "belebend". Und damit
ist man eigentlich schon an der Kernaussage des Spruchs angelangt.
Die
Einladung Jesu Christi "Kommt her zu mir alle,..." ist ganz unspektakulär
und wendet sich an alle, die "beladen" sind, die ihr Päckchen
zu tragen haben und davon gibt es wie zur Zeit Jesu mehr als genug
Menschen; denn längst nicht alle sind topfit, haben ein Aussehen
wie ein Model und sind erfolgreich und entsprechen dem, was man in
unserer Zeit mit dem etwas grausamen Wort "Humankapital" bezeichnet.
Man hört nicht selten Ausdrücke wie "Powerfrau" und "traumhafte
Karriere*".
Aber berufliche wie sportliche Leistungsfähigkeit sind nicht
lebenslang garantiert. [Vergl. hierzu das Lied EG 528/GL 657]. Die
heute noch Erfolgreichen und Gesunden können morgen schon in
eine Situation geraten, die belastend wird und sie fallen -um es mit
einem Bild auszudrücken- von einem Wellenberg ins Wellental.
Und wer auf der Erfolgswelle geschwommen ist oder gesurft hat, fällt
oft tief und ist schnell vergessen. Beispiele gibt es immer wieder
in Politik und Wirtschaft, im Sport und auch im Show-Geschäft.
Kein Leben ist frei von Lasten und die Zahl der zum Leben gehörenden
Belastungssituationen ist groß: Der eine leidet unter Mobbing
und Isolation am Arbeitsplatz, der andere ist gar arbeitslos, der
nächste leidet darunter,dass er einer gesellschaftlichen Randgruppe
angehört oder vielleicht darunter, dass sein Kind in der Schule
nicht die erwarteten Leistungen bringt. Ehekrisen belasten Eltern
und ihre Kinder. Wer sonst keine Sorgen hat, den bedrückt vielleicht
schon ein Abwärtstrend auf dem Aktienmarkt. Am größten
jedoch ist oder wird das Leid, wenn Altersschwäche oder eine
chronische bzw. progressive Erkrankung das Leben fast unerträglich
machen oder wenn man einen geliebten Menschen durch Krankheit, Unfall
oder Mord verliert.
In
all diesen Lebenskrisen verspricht Jesus Christus bei uns zu sein,
wenn wir ihm vertrauen. Er ist die Quelle des Lebens, der Weg, die
Wahrheit und das Leben. Versuchen wir doch, uns auf sein Wort, das
er uns gegeben hat, zu verlassen.
*carrière
= franz. ursprüngl. "Rennbahn", "Laufbahn",
auch die schnellste Gangart des Pferdes; im menschlichen Bereich
mit anderen Worten ein "Senkrechtstarter", der auch einen gewissen
Grad an Rücksichtslosigkeit besitzen muss, um seine Ziele zu
verwirklichen, aber auch Gefahr läuft wie ein extrem schnell
laufendes Pferd tot zusammenzubrechen!
Neuerdings
wird das Karrieredenken durch so genannte Leistungsprämien gefördert.
"Bete und arbeite" steht auf einer unserer Glocken. Das Arbeiten ist
nichts prinzipiell Neues und ist ja bereits in der Schöpfungsgeschichte
erwähnt. Aber die Leistung sollte an den organischen und psychischen Grenzen
der menschlichen Spezies orientiert sein. Der Mensch muss auch zur
Ruhe finden können und in der Lage sein, im Gebet mit Gott zu
kommunizieren. Nicht umsonst gab und gibt es seit Ignatius von
Loyola in der kath. Kirche die "Exerzitien" (exercitia spiritualia),
geistliche Übungen, die in Einsamkeit, Schweigen und Betrachtung
der religiösen Besinnung dienen.
wj
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Der
folgende Text ist ein Beispiel dafür, wie man sich aus theologischer
Sicht mit dem Problem der rasanten technischen Entwicklung und den
damit verbundenen Auswirkungen auf die heutige Gesellschaft auseinandersetzt.
Bildung im Zeitalter
der Beschleunigung
war der erste
gemeinsame Bildungskongress von Deutscher Bischofskonferenz und Evangelischer
Kirche in Deutschland überschrieben, der im November des Jahres
2000 im Französischen Dom in Berlin stattfand.
Bildung hat Konjunktur.
Sie soll mithelfen, dass Deutschland Anschluss an die globale1)
Entwicklung behält. Aber welches Wissen brauchen wir für
unsere Zukunft? "Wie sollen die Bildungseinrichtungen reagieren? ",
fragten Bischof Karl Lehmann und Präses Manfred Kock. Dem gesellschaftlichen
Trend, die Wirtschaft zum Maß aller Entwicklungen zu machen,
setzten die beiden Kirchen kontrapunktisch ihre Antwort entgegen.
"Wissen braucht menschliches Maß", betonte M. Kock auf dem Kongress.
"Lernen braucht Ziele. Es darf beim lebenslangen Lernen nicht darum
gehen, sich ein Leben lang an die Bedürfnisse der Wirtschaft
anzupassen." Das Bildungsverständnis dürfe sich nicht darauf
beschränken, Menschen für die Bewältigung der Wirtschafts-
und Modernisierungsdynamiken zu qualifizieren2),
warnte Kock.
Dieser Tenor fand sich
auch im Hauptreferat auf dem Bildungskongress, gehalten von Professor
Leo O'Donovan, Präsident der Georgetown University Washington
D.C. Der Jesuitenpater wandte sich gegen die "besinnungslose Funktionalisierung
des Bildungswesens seit Tony Blair." "Es geht um unsere Freiheit;
wir dürfen uns nicht der Beschleunigung unterwerfen." O'Donovan
sprach sich gegen den "Nützlichkeitswahn" aus und plädierte
für die Fähigkeit und Möglichkeit des Unterbrechens
und Abstandfindens (Sabbat und Sonntag), die er als "übernützlich"
bezeichnete.*
Auf dem Bildungskongress
wurden als Fazit zehn Bildungsthesen vorgestellt, die folgendem Dreierschritt
folgen: Wissen braucht Maß - Lernen braucht Ziele - Bildung
braucht Zeit.
Die Kirchen verweisen auf
ein neues Dilemma: Weltwissen und Lebenswissen seien auf dramatische
Weise ungleich groß. Danach ergibt sich nach Ansicht der Kirchen
als "Kriterium neuen Lernens: Aus Weltwissen muss Lebenswissen werden."
Bildung stelle den Menschen in den Mittelpunkt. In Zeiten der Beschleunigung
werden stabilisierende, allgemein geltende Orientierungen und Maßstäbe
zum knappen Gut und daher wertvoll. Bildungsinstitutionen müssen
übernützliche Inhalte im Blick haben. Die Kirchen hoffen
so auf die Erkenntnis: Wirtschaft ist nicht alles. [Quelle:
Forum E vom 17.1.2001]
*
"Definition" des Sonntags siehe auch auf der Seite "Turmbau zu Babel"!
1)Das
derzeit stark strapazierte Wort "Globalisierung"
ist vorrangig ein wirtschaftlicher Begriff und die Globalisierung
verfolgt primär ökonomische Interessen. Man darf also nicht
im Sinne Schillers und Beethovens meinen, alle Menschen würden
hierdurch Brüder. Brüderlichkeit lässt sich leider
nicht per Mausklick realisieren und es bedarf immer wieder großer
Anstrengungen den Frieden in der Welt zu sichern.
Ein Fonds-Manager hat nun
noch einen neuen Begriff geprägt, den der "Glokalisierung".
Hier wird in Unternehmen investiert, die ihre Geschäftsstrategien
global ausrichten, dabei aber die lokalen Unterschiede berücksichtigen.
wj
2)Im
vergangenen Sommer geisterte eine Zeitungsnotiz aus Spanien durch
die Zeitungen dieses Landes. Eine Frau aus Galicien hatte von Ihrem
Landesminister für Kultur etwas über die Carmina Burana
wissen wollen. Der Minister antwortete: "Carmina Burana ist natürlich
eine unserer besten Sängerinnen in Spanien, die ich sehr bewundere."
Keineswegs soll die Anekdote
das Bildungsniveau spanischer Politiker infrage stellen, das dahinter
stehende Problem geht tiefer: In unserer Gesellschaft geht der Konsens
darüber verloren, welche Wissensgegenstände zu einem allgemein
anerkannten Bildungsbegriff gehören. Statt dessen rückt
der Zugang zu Wissen, der Umgang mit Wissen, das "Wissensmanagement"
in den Mittelpunkt pädagogischer Konzepte. Beschleunigt wird
dieser Prozess durch den Einzug der neuen Medien in die Schule.
Mir erscheint richtig,
dass jede Generation die Diskussion um bleibende Bildungsinhalte neu
führt und möglicherweise die Carmina Burana eines Tages
tatsächlich nicht mehr dazugehören. Mir
erscheint aber nicht richtig, angesichts der explosionsartig
ansteigenden wissenschaftlichen Erkenntnisse das
Bemühen um ein allgemeines, die Gesellschaft verbindendes Grundwissen
gänzlich einzustellen. Was Not tut, ist die Unterscheidung
zwischen Bildung und Information.Nur der Gebildete
vermag eingeholte Informationen zu strukturieren und in einen größeren
Zusammenhang einzuordnen.
Bildungspolitik kann deshalb
nicht nur darin bestehen, jeden Tag zu fragen, in wie vielen Klassen
ein PC steht oder wie viele Schulen sich schon mit einer eigenen Homepage
präsentieren oder ob wir wirklich in jedem Unterrichtsfach das
Recherchieren im Internet betreiben müssen. Der Erwerb von Kulturtechniken
und die Vermittlung von Grundfragen des menschlichen Lebens, etwa
im Literaturunterricht, in der Geschichte oder -nach wie vor besonders
geeignet- in den Alten Sprachen müssen zentraler Bestandteil
des Gymnasiums bleiben. Denn die Antworten, die Schüler dabei
erfahren, machen immun gegen manch modische Parole. Natürlich
benötigen wir heute hervorragend ausgebildete Naturwissenschaftler
und Software-Ingenieure, aber wir benötigen
zuallererst junge Menschen, die bereit sind, Verantwortung in der
res publica, also in den öffentlichen Angelegenheiten,
zu übernehmen und die sich des Werts -und
der Gefährdung- von Freiheit*bewusst sind.
Gunnar Grünke,
Verleger, C.C. Buchner Schulbuch -Verlag, Bamberg
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*Der
aus dem Amt scheidende Präses Manfred Kock setzte sich
auf der 51. Synode der Ev. Kirche im Rheinland kritisch mit
den Anti-Terror-Gesetzen auseinander und bezog sich dabei unter anderem
auf die Vorbeugehaft, die Kronzeugenregelung, die Rasterfahndung,
die Anzeigepflicht für Banken und das elektronische Belauschen.
Das Schutzinteresse der Bürger dürfe nicht so weit gehen,
dass sich unser Gemeinwesen unmerklich verändere und die Freiheit
dabei zerstört würde.
Inzwischen
(Juni 2002) warnte sogar die frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts
Jutta Limbach vor einer zu intensiven Datenerhebung: "Mehr
denn je wird der Informationshunger des Staates durch ein allgemeines
Bedürfnis nach Sicherheit ausgelöst."
Man
fühlt sich irgendwie an die visionären Autoren Aldous Huxley
und George Orwell erinnert. Ihre Prophezeiungen haben sich
inzwischen schon lange durch den Einsatz von Videoüberwachungsanlagen,
Gesichtsscannern und Reisepässen mit biometrischen Daten bewahrheitet.
Die Mautbrücken der Autobahnen bieten miittels Mobilfunk und
Satellitenortung die technische Möglichkeit totaler optischer
Kontrolle. Ab 2015
sollen der Lebensrettung willen Autos mit dem Notrufsystem "eCall"
ausgestattet werden, ein System, das bei einem Unfall automatisch
einen Notruf absetzt. Kritiker befürchten allerdings, dass die
Autofahrer mit dieser neuen Technologie noch gläserner werden
als sie es ohnehin mit ihren Navigationsgeräten schon sind, denn
so können auch Daten zur Fahrweise, zum Tempo und Bremsverhalten
gesammelt werden.
Die
bei Huxley dargestellte Manipulation beinhaltet Massensuggestion und
Konsumzwang und Orwell warnt bereits vor der unkritischen Nutzung
elektronischer Medien, wie wir sie heute durch das Internet kennen.
Es
stimmt schon bedenklich, wenn eine Studie des Sinus-Instituts aus
dem Jahr 2014 ergeben hat, dass 98% der Kinder und Jugendlichen zwischen
9 und 24 Jahren über das Smartphone ständig im Netz sind.
Schockierend scheint mir dabei die Feststellung, dass sie online zu
sein als Normalität empfinden und offline als Ausnahmezustand.
Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, hätte man eigentlich keine
Studie gebraucht, denn dass dem so ist, sieht man ja auf Schritt und
Tritt, wenn man junge Leute beobachtet. Ob beim Gang zum oder vom
Auto, auf dem Weg zur oder von der Arbeit, im Wartezimmer der Arztpraxis,
bei der Geburtstags- oder Hochzeitsfeier - das Handy/Smartphone ist
der ständige, scheinbar unverzichtbare Begleiter, auf den man
wie auf einen Fetisch starrt und dessen Touchscreen man liebevoll
"streichelt", damit man via Facebook, Twitter und andere
sogenannte soziale Netzwerke die ach so wichtigen Mitteilungen
senden kann. Wenn
das mal nicht der technisch perfekten Wohlstandstyrannei Huxleys entspricht!
Der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer hat diesem Thema ein ganzes
Buch gewidmet, das den Titel "Die Smartphone-Epidemie" trägt.
Die von Orwell geschilderte Überwachung ist heute allgegenwärtig.
Abhöraffären von Geheimdiensten bis hin zur Bundeskanzlerin
sind uns hinreichend bekannt.
|
Brave
New World / Schöne neue Welt von Aldous Huxley
(1894 - 1963)
Aldous Huxley schildert
in seinem 1932 erschienenen Roman mit dem ironisch zu verstehenden
Titel "Brave New World"1) eine Welt, in der die
Menschen ein sinnentleertes, oberflächliches Leben führen.
Ihre Welt ist hoch technologisiert und wird von den konditionierten
und manipulierten Menschen nicht hinterfragt. Die als illegal
geltende natürliche Geburt hat man zugunsten der künstlichen
Zeugung durch Klonen (
"ninety-six identical twins") ersetzt. Die
"schöne neue Welt" ist in Wirklichkeit eine
fortwährend kontrollierte technisch perfekte "Wohlstandstyrannei"
unfreier Menschen, die in Klassen eingeteilt und durch Indoktrination
vollkommen manipuliert sind. Jeglicher Individualismus ist
unerwünscht.
1)
Huxleys Titel lehnt sich an eine Stelle aus Shakespeares
"THE TEMPEST" [Der Sturm] an, wo Miranda sagt: ...
How beauteous
mankind is!
O brave new world,
That has such
people in't!
|
|
Nineteen Eighty-Four
/ 1984 von
George Orwell alias Eric Arthur Blair (1903
- 1950)
Mit seinem 1948 begonnenen
und 1949 erschienenen pessimistischen Buch "1984" als Umkehrung
des Jahres 1948 warnt Orwell eindringlich vor der permanenten
Überwachung, zu der sich stets ein Vorwand findet. Misstrauen,
Anklagen und Angst sind die ständigen Begleiter der Romanfiguren.
In dem Buch gehört die Mehrheit der Menschen zu den für
das Regime ungefährlichen "Proles", den Menschen
mit "hirnloser Begeisterung". Per "telescreen"
kontinuierlich überwacht werden müssen nur die intelligenten
Mitglieder der "Outer Party" (
"Big Brother is watching you"). Oberstes Ziel ist
es, keine Denkabweichung ("thoughtcrime") zuzulassen.
|
* David Riesman
schrieb bereits 1950 (!) in seinem Buch "Die einsame Masse": "Heute
ist der zukünftige Beruf jedes Kindes der des gelernten Verbrauchers."
Und er weist darauf hin, dass viele blindlings alles mitmachen, wozu
sie gerade animiert werden bzw. was man ihnen suggeriert.
Denken
und Nachdenken werden systematisch ausgeschaltet.
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...und
Friede auf Erden
Zum Terroranschlag in
den USA (World Trade Center) am 11.9.2001 ein Beitrag von Pater
Wolfgang Jungheim, Lahnstein:
Das Entsetzen
über solche Brutalität, das Ablehnen solchen Terrors, das
Trauern mit den Opfern, das ist eine gute Gemeinsamkeit, macht deutlich,
dass wir dies nicht wollen, dass wir dies nicht akzeptieren. Ich bin
dankbar für diese Gemeinsamkeit. Die Ohnmacht gegenüber
solchem blinden Hass macht Angst, macht wütend und aggressiv,
schreit nach Reaktion. Wir müssen reagieren. Das ist unser aller
Aufgabe. Es muss deutlich werden in unserer Reaktion, dass Gewalt
und Terror kein Weg sind, etwas zu erreichen. Jedoch darf unsere Reaktion
nicht zu den gleichen Mitteln greifen. Das aber befürchte ich
jetzt, wenn es um Rückschlag, um Jagen gehen soll. Mir fehlt
die Besinnung, das heißt die ernste Frage, was tragen wir zu
solchem Hass bei? Wo haben wir die anderen so verletzt? Wo übergehen
wir sie? Und es gibt wahrlich viel Unrecht und Unfrieden, was auch
wir mitverschulden. Ehrlichkeit ist gefordert...und endlich Umkehr.
Ich fürchte mich vor der Fortsetzung der Gewalt, was diesen brutalen
Tätern Recht gibt, denn dann ist ja nur mit Gewalt und Gegengewalt
etwas zu erreichen.
Als Christen hat uns Jesus
hier einen schwer verständlichen und schmerzlichen Weg gewiesen,
den der Feindesliebenden - das Schwert zurückzustecken; denn
wer zum Schwert greift, kommt auch durch das Schwert um. Er hat am
Abend vor seinem Verrat und Tod keinen Gegenschlag geplant, auch nicht
gewünscht, er hat sich als Brot und als Wein geschenkt; er will
uns stärken im Miteinander teilen und daran Freude schenken.
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Ist Beten noch ein
aktuelles Thema?
"Not lehrt
beten" ist eine alte deutsche Redensart, die sich immer wieder neu
bestätigt. Bei Naturkatastrophen, Flugzeugabstürzen, Schiffs-und
Eisenbahnunglücken, Terroranschlägen oder Amokläufen
entdecken viele Menschen das Beten neu, weil diese Ereignisse großes
Aufsehen und Mitleid erregen. Aber im alltäglichen Leben, wo
bei uns selbst und in der Welt nichts Besonderes passiert, vergessen
wir oft das Gebet. Wir wiegen uns in Sicherheit und glauben dank moderner
Technik alles im Griff zu haben, was sich immer wieder als große
Täuschung herausstellt. Dabei hätten wir in den Industrienationen
allen Grund täglich zu danken, weil wir eigentlich schon übersättigt
sind und das natürlich nicht nur auf die Nahrung bezogen.In der
Kriegs- und Nachkriegszeit waren die Gottesdienste gut besucht und
je größer der Wohlstand wurde, desto rückläufiger
war das Interesse an Kirche und Religion. In der heutigen Erlebnisgesellschaft
müssen schon besondere "Events" stattfinden, um die Leute für
Kirche zu interessieren. Nun aber zurück zum Gebet. Es gibt Morgen-,
Mittags-(Tisch-) und Abendgebete (> Glockenläuten als akustisches
Signal). Außerdem unterscheidet man verschiedene Formen des
Gebets: Bittgebet (einschl. Fürbittengebet), Dankgebet und Stoßgebet.
Sprachlich betrachtet ist ja das Wort "Gebet" mit dem Verb "bitten"
verwandt. Bei der Passiv-Form des Verbs merkt man das: Er wurde
gebeten. Fürbittengebete spricht man für andere,um die
man sich Sorgen macht. Als Fürbitte ist z. B auch die siebte
Strophe des alten Abendlieds "Der Mond ist aufgegangen" zu verstehen,
in der es heißt "...und lass uns ruhig schlafen und unsern kranken
Nachbarn auch." [EG 482]
Bitt- und Stoßgebete werden sicher öfter praktiziert als
Dankgebete, wobei es doch so ist, dass wir Menschen uns doch auch
freuen, wenn wir nicht nur um etwas gebeten, sondern auch bedankt
werden. "Danken" wiederum ist mit dem Wort "denken" verwandt. Man
denkt also daran, dass einem jemand etwas Gutes getan hat.
Und
wie ist das im Hinblick auf Gott?- Wir erwarten von ihm sofortige
Hilfe, wenn wir ihn in Not anrufen und in der übrigen Zeit denken
wir gar nicht an ihn. Stoßgebete kennen wir vor allem aus dem
Bereich des Sports. Gelegentlich sieht man schon einmal, dass sich
z.B. ein Skispringer bekreuzigt und dabei vermutlich auch ein Stoßgebet
spricht wie auch wir es tun, wenn wir in einer brenzligen Situation
sind. Beim Beten ist sicher nicht die Gebetshaltung ausschlaggebend;
denn sie ist bei den verschiedenen Religionen ohnehin verschieden.
Es ist auch gleich, ob sich der Text reimt oder nicht, ob er kurz
oder lang ist. Entscheidend ist die Konzentration vor Gott. Das Gebet
muss auch nicht publikumswirksam sein. Es muss kein Auftritt, keine
Präsentation sein, um einmal Wörter aufzugreifen, die momentan
immer wieder im Zusammenhang mit der Erstellung von Homepages fallen,
bei denen natürlich alles möglichst optimal in Szene gesetzt
wird. (Inzwischen finden schon Wettbewerbe für "Webauftritte"
nach dem Motto "Mehr Schein als sein" statt.) Vor Gott brauchen wir
unsere Schwächen nicht hinter der Fassade zu verbergen. Er kennt
uns. Er weiß, ob wir Theater spielen oder nicht. Gott freut
sich über das stille, sich selbst zurücknehmende Gebet des
verachteten Zöllners im Tempel mehr als über das Gebet des
Pharisäers, der sich selbstgerecht über seine Mitmenschen
erheben will. Er blickt demütig nach unten. [Lukas 18, 9-14].
Jesus Christus selbst gab uns mit dem Vaterunser ein Beispiel dafür,
wie man beten kann. Der im Hitlerreich bis zu seiner Hinrichtung mutig
bekennende Pfarrer Dietr. Bonhoeffer dichtete in seiner größten
Not auch ein Gebet, dessen siebte Strophe weiter unten abgedruckt
ist. Ein schöner Lobpreis ist auch der so genannte Ambrosianische
Lobgesang, weil ihn Ambrosius zusammen mit Augustinus verfasst haben
soll: das Tedeum. Die ursprüngliche Melodie gehört zu den
ältesten Stücken des Gregorianischen Chorals. Aber die großen
Musiker vieler Jahrhunderte haben die ursprüngliche Fassung zu
großen Musikwerken ausgestaltet: Henry Purcell, G.F. Händel,
Haydn, Bruckner, Verdi und andere. Am bekanntesten geworden ist das
Tedeum des lange Zeit in Vergessenheit geratenen großen französischen
Barock-Komponisten Marc-Antoine Charpentier, dessen Vorspiel zu seinem
Tedeum in D-Dur seit dem Jahr 1954 durch die Eurovision europaweit
bekannt wurde. Das Tedeum beginnt mit den lat. Worten "Te Deum
laudamus, te Dominum confitemur" (Dich Gott loben wir, dich, Herr,
preisen wir.) und endet mit "In te Domini speravi non confundar in
aeternum" (Auf dich, Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. In Ewigkeit
werde ich nicht zuschanden.) [Übersetzung aus dem Lateinischen
im EG 191/GL 706]
|
Albert
Schweitzer
* 14. 1.
1875 in Kaysersberg
+ 4. 9. 1965 in Lambarene
|
Vielen jungen Leuten
sagt der Name heute schon nichts mehr, weil Albert Schweitzer,
Sohn eines Pfarrers, bereits 1965 gestorben ist. Dabei handelte
es sich um einen vielseitig begabten Menschen, dessen ganzes Leben
von Humanität und Ehrfurcht vor dem Leben geprägt war.
Geboren in Kaysersberg
im Oberelsass, zog die Familie noch in seinem Geburtsjahr nach
Günsbach um, wo Albert seine Kindheit verbrachte. Er erlernt
das Orgelspiel und begleitet schon als Siebenjähriger beim
Gottesdienst den Gesang. Als Kind hat er großes Mitleid
mit den Tieren. Der Anblick eines alten, hinkenden Pferdes, das
ein Mann hinter sich her zerrte, während ein anderer mit
einem Stock auf es einschlug, hat ihn wochenlang verfolgt. Ein
anderes ähnliches Kindheitserlebnis hat ebenfalls seine Einstellung
zum Leben entscheidend geprägt. Ein Nachbarjunge hatte ihn
beredet an einem Sonntagmorgen mit ihm auf Vogeljagd zu gehen.
Obwohl er es eigentlich nicht wollte, ging er mit. Doch als die
Kirchenglocken zu läuten anfingen, dachte er sofort an das
Gebot «Du sollst nicht töten», warf die Schleuder
weg und scheuchte die Vögel auf, dass sie wegflogen und auch
vor seinem Begleiter in Sicherheit waren. Neben einem weiteren
prägenden Erlebnis mit einem Hund, den er -ohne es zu wollen-
im Auge traf, beeindruckte ihn nachhaltig das Kennenlernen eines
Handelsjuden, der jedesmal, wenn er ins Dorf kam, von der Jugend
verspottet wurde. Albert hat sich davon distanziert und sagte,
er habe ihn bald gegrüßt und sei oft ein Stück
Wegs mit ihm gegangen. Von dessen verzeihendem Lächeln habe
er gelernt, was es heißt, in der Verfolgung still zu schweigen.
Nachdem er das Gymnasium
besucht hat, wird aus ihm ein fleißiger Student, der in
Straßburg Theologie und Philosophie studiert. Er nimmt Unterricht
bei dem großen französischen Organisten Charles Marie
Widor. 1899 wird er zum Doktor der Philosophie und ein Jahr später
zum Doktor der Theologie ernannt. Unermüdlich ist er als
Gelehrter tätig, vergisst dabei aber nie sein geliebtes Orgelspiel.
Aber die ganze theoretische Arbeit befriedigt ihn nicht restlos.
An seinem 30. Geburtstag fasst er den Entschluss, nach Afrika
auszuwandern, um dort den kranken Eingeborenen zu helfen. Er gibt
sein bisheriges gesichertes Leben als Theologie-Professor auf
und fängt 1905 noch einmal ein neues Studium an, diesmal
das der Medizin. Seine Dissertation (Doktorarbeit) zum Abschluss
des Medizinstudiums trägt den Titel "Die psychiatrische Beurteilung
Jesu". Während des Medizinstudiums verdient er sich durch
das Schreiben von Büchern und durch Orgelkonzerte das Geld
für die damals noch beschwerliche Reise mit dem Schiff nach
Afrika und für die Anschaffung der notwendigen medizinischen
Instrumente und Medikamente. 1913 verlässt er mit seiner
Frau Europa mit dem Reiseziel Lambarene in Gabun (Afrika). Hier
im feuchtheißen, sumpfigen Gebiet des Flusses Ogowe beginnt
für ihn eine eine mühevolle bauliche Tätigkeit,
denn es gibt nicht einmal ein Krankenhaus. Die ersten Patienten
wurden in einem Hühnerstall behandelt (Man denke an die total
aseptischen OPs unserer Zeit!). Seine ganze Liebe galt den Kranken.
1928 erhielt er den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt/Main und
1952 den Friedensnobelpreis. Nachdem Albert Schweitzer im Januar
1965 noch seinen 90. Geburtstag feiern konnte, starb er in den
späten Abendstunden des 4. September.
|
Dietrich
Bonhoeffer
*
4.2.1906 in Breslau
+ 9.4.1945
in Flossenbürg
(durch
Hinrichtung als
Widerstandskämpfer
gegen
das Hitler-Regime)
Das Leben ist
Gottes Ziel mit
uns.
( D. Bonhoeffer
)
|
Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Alle Strophen des Gedichts von D. Bonhoeffer im EG Nr. 65
bzw. im GL 430 und Bistum Limburg 824
(S. Fietz)
Dietr.
Bonhoeffer hat sich in seiner Jugend viel in der Welt umgesehen.
Er war Vikar in Barcelona, 1930/31 während eines Studienjahres
an einer theologischen Hochschule in New York, 1933 als Pfarrer
der ev. Gemeinden in London, 1934 zum beratenden Mitglied des
"Ökumenischen Rates für praktisches Christentum" berufen
und im gleichen Jahr an der Ökumenischen Kirchenkonferenz
in Fanö (Dänemark) teilgenommen, 1939 auf einer Vorlesungsreise
in den USA. Im April 1943 wurde er zusammen mit seiner Schwester
und ihrem Mann im Haus seiner Eltern von der Geheimen Staatspolizei
verhaftet. Vom Gefängnis kam er dann in das Konzentrationslager
Buchenwald. Vor seiner Hinrichtung verabschiedete sich Pfr.
Bonhoeffer von seinen englischen Mitgefangenen mit den Worten:
"Das ist das Ende, für mich der Anfang des Lebens."
DE
MORTE TRANSIRE AD VITAM
|
Vom
Tod zum Leben übergehen
|
Als
hätte er die Realität unserer Zeit vorausgeahnt,
stellt er in "Widerstand und Ergebung", den während
der Haft entstandenen Aufzeichnungen, ernüchternd fest,
dass die Zeit der Religion und Innerlichkeit endgültig
vorbei sei und die Menschen einfach nicht mehr religiös
sein könnten.
|
Dietrich Bonhoeffers Brief aus dem Gefängnis
an seine Verlobte Maria Wedemeyer
mit dem Gedicht "Von guten Mächten" in Originalhandschrift
"... Hier noch ein paar Verse,
die mir in den letzten Abenden einfielen.
Sie sind der Weihnachtsgruss
für Dich u. die Eltern u. Geschwister."
|
|
Bonhoeffer - Zitate
Ein
schwerer, verhängnisvoller Irrtum ist es, wenn man Religion
mit Gefühlsduselei verwechselt. Religion ist Arbeit. Und
vielleicht die schwerste und gewiss die heiligste Arbeit, die
ein Mensch tun kann.
|
Viele
Menschen suchen ein Ohr, das ihnen zuhört, und sie finden
es unter den Christen nicht, weil diese auch dort reden, wo
sie hören sollten.
|
Die
Kirche des Erfolges ist wahrhaftig noch lange nicht die Kirche
des Glaubens.
|
Ausspruch
Dietrich Bonhoeffers zum Mord an Paul Schneider:
" Hört mal zu, Kinder!
Den Namen dürft ihr nicht vergessen, Paul Schneider ist
unser erster Märtyrer."
|
Den "Prediger von Buchenwald" nannten ihn die Mitgefangenen
respektvoll: Paul Schneider, der regelmäßig beim
Morgenappell aus seiner Bunkerzelle Bibelworte und Durchhalteparolen
herausrief, bis man ihn -meist nach wenigen Sätzen- mit
Peitschenhieben und Faustschlägen zum Schweigen brachte.
Sie war nicht totzukriegen, diese Stimme des Gewissens mitten
in der Hölle des Konzentrationslagers.
Mehr und mehr hat
sich der 1939 in Buchenwald ermordete evangelische Pfarrer Paul
Schneider zu einem ökumenischen Heiligen entwickelt. Im
Zusammenhang mit dem vom Vatikan erarbeiteten "Martyrologium
des 20. Jahrhunderts" -das ursprünglich auch Blutzeugen
aus anderen Konfessionen umfassen sollte- würdigte Papst
Johannes Paul II. Schneider schon zur Jahrtausendwende stellvertretend
für sämtliche evangelischen Opfer politischer und
religiöser Verfolgung. ...
Schneider kam 1897
als Sohn eines rheinischen Landpfarrers in der Gegend von Bad
Kreuznach zur Welt. Stramm national gesinnt, meldete sich der
18-Jährige im Ersten Weltkrieg freiwillig an die Front,
wurde in Russland verwundet und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
In Gießen und
Tübingen studierte er Theologie. Zwischendurch arbeitete
er in der Schwerindustrie bei Dortmund, um das Leben der Proletarier
kennen zu lernen. Als Pfarrer in Hochelheim (Kreis Wetzlar)
ging er bereits 1933 auf strikten Konfrontationskurs zur braunen
Bewegung.
Im Schaukasten der
Kirchengemeinde hingen plötzlich Artikel, die sich kritisch
mit Joseph Goebbels und Ernst Röhm auseinandersetzten.
Es waren Hitlers Herrenmenschentum und Rassenwahn, die den Landpfarrer
Schneider zum Widerstand trieben. Auf der Kanzel stellte er
freundlich klar: "Nun bist du gefordert
zum Bekenntnis, zum Zeugnis, liebe evangelische Kirche, lieber
evangelischer Christ. Nun sei kein stummer Hund."
Schneider
schickte die Predigt seinem Bischof. Doch statt seinem aufrechten
Pfarrer den Rücken zu stärken, versetzte der ihn in
die weltentlegene Diasporagemeinde Dickenschied im Hunsrück.
Für Schneider ein Glücksfall, denn dort standen die
Menschen hinter ihm -während sich das Düsseldorfer
Konsistorium eilfertig bei der Staatsgewalt für Schneiders
"theologische Verbohrtheit" entschuldigte, als der Pfarrer im
Konfirmandenunterricht wieder einmal demonstrativ auf den Hitlergruß
verzichtet hatte.
Im
Juni 1937 wurde Schneider nach mehreren Gefängnisaufenthalten
aus dem Rheinland ausgewiesen. Er warf den Bescheid in den Papierkorb,
hielt seelenruhig seine nächste Predigt und teilte der
Reichskanzlei mit: "Ich weiß mich von Gott an meine Gemeinde
verwiesen!" Erneute Verhaftung, im November Einlieferung in
das Konzentrationslager Buchenwald. Weil er sich am 20. April
1938 ("Führers Geburtstag") weigerte, die Hakenkreuzflagge
zu grüßen, steckte man ihn für 14 Monate in
den Bunker.
Das
bedeutete Schlafentzug, Verdunkelung, bittere Kälte im
Winter und stickige Hitze im Sommer, Stockhiebe auf dem Bock,
Aufhängen an den nach rückwärts gedrehten Armen
am Fensterkreuz. Doch Schneider stärkte noch in dieser
elenden Situation die Mithäftlinge mit seinen tollkühnen
"Sekundenpredigten".
Während
Paul Schneider im Bunker saß, traf sich sein kirchlicher
Vorgesetzter mit hohen Gestapo-Beamten und beriet über
Maßnahmen gegen unliebsame Pfarrer, welche die Gestapo
aus dem Amt entfernt wissen wollte. Ganz oben auf der Liste:
Paul Schneider. Nun stand seiner Entlassung nichts mehr entgegen.
Doch
er weigerte sich, eine Erklärung zu unterschreiben, er
werde über die Vorgänge in Buchenwald schweigen und
sich der Ausweisung aus dem Rheinland fügen. Darauf ermordete
ihn der Lagerarzt am 18. Juli 1939 mit einer Überdosis
Strophantin. An der Beerdigung in Dickenschied nahmen 200 evangelische
Pfarrer der Bekennenden Kirche aus allen Teilen des damaligen
Deutschen Reiches teil -und die katholische Nachbargemeinde.
Quelle:
Christian Feldmann in der Ev. Kirchenzeitung vom 16. März
2003
|
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Wenn wir
das Wort "Advent" hören, denken wir spontan an Adventskranz*und
Adventskalender (erster gedruckter Adventskalender im Jahr 1902 von
einem ev. Verlag in Hamburg) sowie an vorweihnachtliche Stimmung zu
Hause und in der Stadt. Die Stimmung ist jedoch durch Hektik hin und
wieder auch etwas gereizt, gilt es doch für jeden das passende
Geschenk zu finden, Plätzchen zu backen und mit den Kindern die
verschiedensten Weihnachtsfeiern zu besuchen.
Äußerlich gesehen
werden wir mehr als genug auf diese Zeit aufmerksam gemacht. Schon
im September werden in den Geschäften weihnachtliche Naschereien
angeboten. Jede Stadt, ja selbst jedes größere Dorf inszeniert
einen Weihnachtsmarkt, war dies doch noch bis vor wenigen Jahrzehnten
auf die Stadt Nürnberg beschränkt. Im Trubel der Menschen
genießt man mehr oder weniger das nostalgische Ambiente, das
von einer solchen Veranstaltung ausgeht. Es duftet nach Bratwürsten
und gebrannten Mandeln und vor Kälte frierend trinkt der eine
oder andere einen Glühwein. Man bestaunt die Auslagen und die
stimmungsvolle Illumination oder lauscht einem Chor, der weihnachtliche
Weisen vorträgt. Smalltalks werden gehalten, kleine Geschenke
werden erstanden und schließlich geht man mehr oder weniger
zufrieden nach Hause. Die größeren "eigentlichen" Geschenke
wie etwa die aus der Elektronik- oder Textilbranche werden an anderen
Tagen gekauft. Ganz oben auf der Wunschliste sollen nach Pressemeldungen
bei vielen Erwachsenen und Kindern Artikel des Multimedia - Sektors
stehen, bei dem die Fülle des Angebots fast erdrückend ist.
Nostalgische Erlebnisse
seien uns Menschen einer äußerst hektischen Zeit als Abwechslung
gegönnt, aber all das hat mit Advent nur wenig zu tun. Das lat.
Wort "adventus" für "Ankunft" muss aber immer im Zusammenhang
mit Christi Geburt, der Ankunft des Gottessohnes gesehen werden. (Das
Wort "adventus" allein könnte genauso gut im Zusammenhang mit
der Ankunft eines Zugs oder Flugzeugs gebraucht werden.) Nur so wird
die Bedeutung der Adventszeit klar, die früher eine echte Vorbereitungszeit
auf das Weihnachtsfest war, an dem die Ankunft, sprich die Geburt
Christi gefeiert wurde.
Es bleibt zu hoffen, dass
wir im letzten Monat des Jahres nicht nur konsumieren und somit dem
Kommerz, der durch den e-commerce beachtlich ergänzt wurde, dienen,
sondern vielleicht auch einmal einen Tag oder wenigstens eine Stunde
finden, wo wir innerlich zur Ruhe kommen und uns in aller Stille auch
einmal Gedanken über Sinn und Krise dieser festlichen Zeit machen.
Lassen wir uns doch durch die Lichterketten und -sterne an das Licht
der Welt -wie Jesus sich selbst einmal bezeichnete- und seine Botschaft
erinnern.
Kirchlich betrachtet stellt
der Advent den Anfang des Kirchenjahres, des kirchlichen Jahreskreises
dar. Er ist wie die Passionszeit (>Fastenzeit) eine Bußzeit.
Die liturgische Farbe ist das Violett.
wj*Der
erste Adventskranz hing in Hamburg. Der Bahnbrecher der Inneren
Mission und Begründer des "Rauhen Hauses" in Hamburg, Johann
Hinrich Wichern, schrieb in sein Tagebuch über eine Andacht am
ersten Advent des Jahres 1838: "Um den Lobesspruch an der Orgel waren
23 bunte Wachslichte aufgestellt. Mit jeder neuen Verheißung
wurde eines der Lichte angezündet..." Aus diesem anfänglichen
Brauch des Anzündens aller Kerzen an einem Tag entwickelte sich
dann die Sitte, die Andacht in die dunklere Vorabendzeit zu verlegen.
Dabei wurde auf dem Kronleuchter des Saales vom ersten Advent an mit
jedem Tag ein Licht mehr angezündet.
Der
Tannenkranz wird zum ersten Mal im Jahr 1851 erwähnt. "Es ist
nichts weiter als ein einfacher Tannenkranz, den der Kronleuchter
trägt und auf dem Kranz brennt das erste Licht, weil heute der
erste Adventstag ist und morgen brennen schon zwei und übermorgen
drei..."
Heute
brennen im Hamburger "Rauhen Haus" noch immer 24 Kerzen, vier große
weiße für die Adventssonntage und für die Wochentage
kleinere rote Lichter.
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Was üblicherweise
obligatorisch zu Weihnachten zu gehören scheint, sind Christbaum
und anderer Weihnachtsschmuck, eine festliche Beleuchtung mittels
echter oder zunehmend elektrischer Kerzen, weihnachtliche Musik sowie
Kerzen- und Tannenduft. Neben dem Verzehr von Plätzchen steht
kulinarisches Essen auf dem Speiseplan.
An dieser Stelle soll einmal
die weihnachtliche Musik,speziell das weihnachtliche Lied, betrachtet
werden. Weltweit gesehen gibt es Hunderte, ja Tausende von Weihnachtsliedern
(engl. Carols, franz. Noels etc.) in allen möglichen Sprachen.
Trotz großer Mobilität und globaler Kommunikation haben
sich längst nicht alle Lieder überall durchgesetzt. Das
ist nur einigen gelungen und zwar den Liedern, die eingängige
Melodien haben.
Blickt man auf die Anfänge
weihnachtlicher Musik zurück, stößt man zunächst
auf den Gregorianischen Choral, worunter man den einstimmigen, in
lateinischer Sprache gesungenen Choralgesang der katholische Kirche
versteht, der auf Papst Gregor d. Gr. (590 - 604) zurückgeführt
wird. Musikalisch unterscheidet man dabei Lektionen (d.h. Lesungen
im Sprechgesang), Chorgesänge (Antiphonen, Psalmen, Hymnen, Sequenzen),
Sologesänge (Graduale, Tractus, Alleluia, Responsorien). Antiphonen
sind kurze, meist der Heiligen Schrift entnommene Sätze als Einleitung
in den Psalm. Man differenziert zwischen syllabischem (silbenweisem)
und melismatischem Stil, bei dem mehrere Noten auf eine Silbe kommen.
In seinem Ausdruck ist der Choral an die Liturgie und das Wort gebunden.
Der Melodik liegen die so genannten Kirchentonarten (z.B. dorisch)
zu Grunde.
Einer der ältesten
weihnachtlichen Gesänge dürfte die Antiphon "Puer natus
est nobis, ..." sein:
Die Lieder
des späten Mittelalters sind in lateinischer Sprache geschrieben
("Resonet in laudibus", 14. Jhdt. oder "Quem pastores laudavere",
15. Jhdt.) bzw. halb lateinisch, halb deutsch ("In
dulci jubilo, nun singet und seid froh", 14. Jhdt. oder "Puer
natus in Bethlehem", 14./15. Jhdt.).Sie wurden in der Kirche zum Lob
der Geburt Christi gesungen. Besonders in der Mitternachtsmesse bildeten
sie einen Teil der Liturgie; denn die Feier der Weihnacht war ein
rein kirchliches Fest (ganz im Gegensatz zu heute), zu dem sich
die Gemeinde im Kirchenraum versammelte. Die Lieder endeten oft mit
dem Ruf "Kyrie eleison" ("Herr, erbarme dich") und gingen unter dem
Sammelbegriff "Leisen" in die Musikgeschichte ein [>Gelobet
seist du, Jesus Christ, EG 23/GL 130].
Ab dem 16. Jahrhundert
entstanden zahlreiche deutsche Lieder:
- Vom Himmel hoch da komm
ich her/Martin Luther (T.: 1535, M.: 1539)
- Lobt Gott, ihr Christen
alle gleich/Nikolaus Herman (T.: 1560, M.: 1554)
- Es ist ein Ros entsprungen
(T.: 1587, M.: 1599)
Im 19. Jahrhundert
kamen unzählige volkstümliche Lieder hinzu, die man nicht
ins Gesangbuch aufnahm bzw. die man zwischenzeitlich aus dem Gesangbuch
herausnahm, um sie in der neuen Gesangbuch-Ausgabe wieder aufzunehmen,
weil sie trotzdem weiterhin gern gesungen wurden.
Beispiele hierzu sind "Stille
Nacht, heilige Nacht", "Herbei, o ihr Gläubigen", "Kommet, ihr
Hirten" und "Freu dich Erd' und Sternenzelt".
Ein Lied aus dem 19. Jahrhundert
jedoch war schon in vorhergehenden Ausgaben des ev. Gesangbuchs enthalten,
nämlich "O du fröhliche". Bei
diesem Lied ist die Melodie älter als der deutsche Text, denn
ehe dieser gedichtet wurde, gab es in Sizilien ein Schifferlied,
das mit den Worten "O santissima, o piissima Madre nostra Maria"
begann und mit dem die Schifffahrer Maria, die Mutter Gottes, um ihren
Beistand baten. Die deutsche Übersetzung lautet etwa so: "O
unsre heilige, o unsre gütige Mutter Maria! Du unbefleckte Beschützerin
bitte für deine Söhne!" Dieses sizilianische Schifferlied
brachte dann der Philosoph Johann Gottfried Herder im Jahr
1788 von seiner Italienreise mit nach Deutschland. Erst viele Jahre
später entstand der deutsche Text.
Der Verfasser der ersten Strophe ist der Pädagoge Johann Daniel
Falk. Falk kümmerte sich um verwahrlost umherziehende Jungen,
die bei den Kämpfen um die Völkerschlacht bei Leipzig heimatlos
geworden waren. Im Jahr 1819 schrieb er die erste Strophe, die er
sowohl in der eigenen Familie als auch mit den Waisenkindern sang.
Für seine Erziehungsaufgabe ließ er in Weimar den so genannten
"Lutherhof" bauen.
Die zweite und dritte
Strophe dichtete der aus Bayern stammende Heinrich Holzschuher,
der als Fürsorger in Gefängnissen und Erziehungsanstalten
tätig war. Er war eine Zeitlang Falks Helfer am Weimarer Lutherhof.
Im Jahr 1829 gab er ein Heft mit dem Titel "Harfenklänge"
heraus, in dem erstmalig alle drei Strophen standen.
Bei den Worten
<Welt ging verloren> in der ersten Strophe hat Falk vermutlich
an die Bibelstelle Lukas 9, 25 gedacht, wo es heißt: "Welchen
Nutzen hätte der Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne
und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst?"
Am Anfang des 20.
Jahrhunderts gab es übrigens auf die gleiche Melodie ein Oster-
und ein Pfingstlied ("O du fröhliche, ...Osterzeit; Welt lag
in Banden, Christ ist erstanden").
Den historischen
Hintergrund des 1818 von Pfarrer/Coadjutor Josef Mohr (Text) und Lehrer
Franz Gruber (Melodie), der gleichzeitig Organist in Oberndorf bei
Salzburg war, geschriebenen Lieds "Stille Nacht"
wird jeder kennen.
Mehr dazu ist am Ende des Videos "Stille Nacht" unter den
weihnachtlichen Lied-Videos zu finden.
Das Lied "Herbei,
o ihr Gläubigen" (lat. Text "Adeste
fideles") EG 45
und GL 143
-hier allerdings mit dem neuen Text "Nun freut euch, ihr Christen"-,
das wie "Stille Nacht" weltweite Verbreitung erfahren hat und in verschiedene
Sprachen übersetzt worden ist, tauchte in den 1740er Jahren in
den englischen Katholikengemeinden auf. Über seine Herkunft,
die bis ins Ende des 17. Jahrhunderts zurückreicht, ist viel
diskutiert worden. Die lateinische Ursprungsversion soll jedenfalls
aus Portugal stammen. Für die Zeit um 1790 wird das "Adeste fideles"
einem Abbé namens Jean Francois Borderies zugeschrieben. Für
gewöhnlich gilt allerdings der Choralkopist John Francis Wade
(1711 - 1786) als Verfasser. Dank seines katholischen Ursprungs und
seines lateinischen Textes fand das Lied bald große Verbreitung.
Im 19. Jahrhundert übersetzte es F. Oakeley (1802 -1880) ins
Englische. Die erste deutsche Übersetzung "Herbei, o ihr Gläubigen"
aus den Jahren 1823 - 1826 stammt von Friedrich Heinrich Ranke (1798
- 1876), der Pfarrer in Rückersdorf bei Nürnberg und Professor
in Erlangen war. Heute wird der Choral in Deutschland, England, Amerika,
Frankreich, Italien und anderswo gleichermaßen gesungen, jeweils
in der eigenen Landessprache.
Bei
"Kommet, ihr Hirten" und "Freu dich Erd' und Sternenzelt" handelt
es sich um weihnachtliche Weisen, die in Böhmen entstanden sind.
Im
ausgehenden 20. Jahrhundert -fast zeitgleich mit der Einführung
des Euro als Währung- begann dann eine Europäisierung des
Weihnachtslieds. Sie wird z.B. deutlich an dem französischen
Noel "Les anges dans nos campagnes" /
"Engel haben Himmelslieder", das sich
nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen
Ländern durchgesetzt hat, weil es sehr melodisch und schwungvoll
ist. Der in allen Übersetzungen gleich gebliebene lateinische
Refrain -Teil "Gloria in excelsis Deo" strahlt französisches
Temperament aus. Das alte französische Lied stammt aus dem 18.
Jahrhundert, aber in Frankreich wie in Deutschland gibt es leider
mindestens drei verschiedene Textvarianten.
Englischsprachige
profane Weihnachtslieder wie "We wish you a Merry Christmas" oder
"Jingle Bells" (auch ins Deutsche übertragen) schallen einem
in jedem Kaufhaus und in der Werbung entgegen -ganz gleich ob
vokal oder instrumental. Das mehr geistlich orientierte wohlklingende
"Hark, the herald-angels sing"
nach einer Melodie von Felix Mendelssohn-Bartholdi wurde auch ins
Deutsche übertragen, ist allerdings nicht ganz so populär
wie die beiden vorher genannten englischen Lieder.
****************************************************************************
Trost
in der Finsternis?
Das
Weihnachtsfest ruft bei den Menschen die verschiedensten Assoziationen
hervor. Dieses in europäischen Breiten in der dunklen Jahreszeit
liegende Fest ist aber auch immer mit Emotionen verbunden, die von
überspringender Freude bis hin zu Melancholie und Depression
gehen können.
Dass
über der Krippe auch das Kreuz steht, haben Maler wie Musiker
früherer Jahrhunderte in Bildern wie in der Musik ausgedrückt.
Der Maler Rogier van der Weyden hat kaum sichtbar in seinem Weihnachtsbild
am Stall über dem Christuskind ein kleines Holzkreuz angebracht
und der Heiligenschein des Neugeborenen hat die Form eines Kreuzes.
Joh. Seb. Bach lässt mitten im Jubel seines Weihnachtsoratoriums
das Lied "Wie soll ich dich empfangen?" auf die Melodie von "O Haupt
voll Blut und Wunden" singen, ein stiller Hinweis auf das bevorstehende
Leiden und den Tod.
Wie
man im Weihnachtsevangelium lesen kann, sollen die Engel den Menschen
zugerufen haben: "Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden...".
Blicken
wir uns aber in der Welt um, dann merken wir, dass wir davon weit
entfernt sind. Friede herrscht leider oft erst auf dem Friedhof. Streit,
Hass und Krieg, Konfrontation und Provokation statt Verständigung
prägen auch an diesem Weihnachtsfest das Bild unserer Erde (im
Großen wie im Kleinen) und von einem Weltfrieden sind wir selbst
2000 Jahre nach Christi Geburt weit entfernt und das sogar in den
Städten Bethlehem und Jerusalem. Die Stadt Jerusalem müsste
eigentlich eine Stadt des Friedens sein, bedeutet doch das arabische
Wort "Salem" genau wie das hebräische Wort "Schalom" Friede.
pax
* pace * paz * peace *
paix
Nicht
allen Menschen in Deutschland und in der Welt wird nach Singen und
Weihnachtsjubel zumute sein, seien sie selbst oder Angehörige
schwer verletzt oder krank und vielleicht unter Schmerzen leidend,
seien sie behindert (wie z.B. Blinde, die den Weihnachtsschmuck nicht
sehen, oder Taube, die die weihnachtlichen Klänge nicht vernehmen
können), seien sie in Trauer versunken, einsam und verlassen,
dann ist Ihnen vielleicht ein Versprechen, das Christus gab, dessen
Geburt wir ja an Weihnachten gedenken, ein Trost.
Im
Zusammenhang mit dem Missions- und Taufbefehl sagte er zu seinen Jüngern:
"...ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." [Matth.
28,20].
wj
ANNO
DOMINI
ZUM
NEUEN JAHR
(Eduard
Mörike)
In
Ihm sei's begonnen,
der
Monde und Sonnen
an
blauen Gezelten
des
Himmels bewegt.
Du,
Vater, Du rate.
Lenke
Du und wende.
Herr,
Dir in die Hände
sei
Anfang und Ende,
sei
alles gelegt.
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Fastnacht,
Fasching oder Karneval*
Je
nachdem, wo man in Deutschland wohnt, feiert man Fastnacht, Fasching
oder Karneval. Im Mainzer Raum spricht man von Fastnacht, in Bayern
(und auch in Österreich) von Fasching und in der Köln-Düsseldorfer
Region von Karneval.
Die
Fastnacht ist bei der kath. Kirche die Festzeit vor der mit Aschermittwoch
beginnenden Fastenzeit, die im weiteren Sinn mit dem Dreikönigsfest
oder schon am 11.11. um 11.11 Uhr des Vorjahres beginnt. In evangelischen
Gegenden war sie durch Reformation, Aufklärung und Pietismus
stark eingedämmt, erfreut sich aber seit Jahrzehnten auch hier
steigender Beliebtheit. Man muss allerdings streng differenzieren
zwischen dem Feiern der Fastnacht und dem Verstehen der eigentlichen
Fastenzeit. Selbst Leute, die keiner christlichen Kirche angehören,
also konfessionslos sind, machen beim fastnachtlichen Klamauk mit
und es sind derer nicht wenige, die Fastnacht feiern und den geschichtlichen
Hintergrund gar nicht kennen. Den Angehörigen der Spaßgesellschaft
genügt die Ablenkung, der pure Spaß.
Die
Fastenzeit ist in der kath. Kirche seit dem 4. Jahrhundert die 40-tägige
Vorbereitungszeit (Aschermittwoch bis Karsamstag) auf das Osterfest.
Bei den 40 Tagen zählen die Sonntage nicht mit, weil Christen
an jedem Sonntag des Jahres die Auferstehung Jesu Christi feiern.
[Die Zahl 40 hat einen historischen Bezug in der Bibel: Das Volk Israel
wanderte 40 Jahre durch die Wüste, Moses weilte 40 Tage auf dem
Berg Sinai und Jesus hielt sich 40 Tage in der Wüste auf, um
sich durch Fasten und Gebet auf seine Sendung vorzubereiten.] In diesen
40 Tagen fasteten früher die kath. Christen, d.h. es wurde weniger
gegessen. Heute, d.h. seit dem apostolischen Erlass, den Papst Paul
VI. im Februar 1966 herausgab, sind Fasten und Abstinenz nur noch
an Aschermittwoch und Karfreitag verpflichtend. Am Aschermittwoch,
dem ersten Tag der Fastenzeit, wird den Gläubigen während
der Messe als Zeichen der Buße ein Aschenkreuz auf die Stirn
gezeichnet. Dabei wird gesprochen: "Gedenke Mensch, dass du aus
Staub hervorgegangen bist und zum Staub zurückkehren wirst."
Der Brauch ist vermutlich von Papst Gregor I. eingeführt worden
und ist seit der Synode von Benevento 1091 üblich. Der lateinische
Name "dies cinerum" (Aschentag) ist erstmals aus dem 8. Jahrhundert
überliefert.
In
der ev. Kirche spricht man übrigens nicht von der Fasten-, sondern
von der Passionszeit [J.S. Bach > Johannes- und Matthäuspassion].
Bei evangelischer und anglikanischer Kirche gelten andere Arten des
Fastens, wobei vor allem der Aspekt der Buße betont wird.
Der
Sonntag vor Ostern, also der Sonntag, mit dem die Karwoche beginnt,
heißt Palmsonntag(>Palmarum). In Erinnerung an den Einzug
Jesu in Jerusalem werden an diesem Tag in der kath. Kirche Palmzweige
gesegnet und auch Prozessionen veranstaltet.
Traditionell
gesehen wird während der Fastnacht die Ordnung auf den Kopf gestellt.
Elemente davon haben sich bis heute in der Einsetzung von Narrenregierungen
oder beim Aushändigen der Rathausschlüssel an Narrenzünfte
erhalten.
Der
Rosenmontag hat notabene nichts mit Blumen (Rosen) zu tun.
Der Name soll eine Umdeutung des lateinischen Worts "rorarii" (rosarii)
sein. Genau übersetzt müsste er "rasender Montag" heißen
und diese Bedeutung wird beim Dialekt einiger Regionen Deutschlands
klar, bei dem man statt des Verbs "rasen" das Wort "rose" gebraucht.
Und "rose" ist hierbei gleichbedeutend mit "toben, ausgelassen sein".
Geht
man in die vor- und frühchristliche Zeit zurück, so gibt
es auch noch Manches zu entdecken.- Die Griechen und Römer huldigten
dem Gott des Weins (gr.: Bakchos u. Dionysos, lat.: Bacchus). In Rom
beging man Anfang Januar (Saturn) die Saturnalien: Ein Mann aus dem
Volk wurde zum König gewählt (>Faschingsprinz) und mit großem
Prunk und Gefolge führte er Prozessionen auf Schiffswagen (carrum
navale) durch. Das waren auf Räder gesetzte geschmückte
Schiffe. Die Rosenmontagsumzüge erinnern noch daran. Auf diesen
Schiffswagen wurden Bilder der Götter mitgeführt. Die frühen
Christen um 200 - 300 n. Chr. nahmen nicht daran teil. Ein römischer
Legionär namens Dasius wurde von seinen eigenen Soldaten im Jahr
303 hingerichtet, weil er ihre Wahl zum Prinzen Karneval abgelehnt
hatte. Er ging als Märtyrer in die Kirchengeschichte ein. Das
Erbe der römischen Legionäre aber blieb in Deutschland besonders
in den Garnisonsstädten Köln und Mainz erhalten. Zu diesem
römischen Element gesellte sich in Deutschland ein germanisches:
das Maskentreiben zur Abschreckung von Dämonen.
Ob
man nun an dem weltlichen Karnevalstreiben teilnimmt oder nicht, hängt
sicher vom Naturell eines jeden Menschen ab. Nicht jeder ist eine
rheinische Frohnatur. Was man aber nicht vergessen sollte, ist die
eigentliche Bedeutung der Fasten- oder Passionszeit als eine geistliche
Vorbereitungszeit auf das auf Karfreitag folgende Osterfest.-
*carni
vale dicere = dem Fleisch Lebewohl sagen, also kein Fleisch essen
P.S.:
Fast auf der ganzen Welt wird heute "Hallowe'en"
gefeiert, weil dieses Fest der Spaß-
und Erlebnisgesellschaft entgegenkommt und mit ihm gleichzeitig eine
neue Marktlücke zwischen Sommerschlussverkauf und Weihnachten
entdeckt worden ist. In Kindergärten wie in Discos ist im wahrsten
Sinne des Wortes die Hölle los. Die Freunde des Gruselig-Schaurigen
verkleiden sich am 31. Oktober jedes Jahres -also am Reformationstag-
als Vampire, Hexen, Skelette und Gespenster und wissen leider in den
meisten Fällen nicht, wo dieser Brauch seine Wurzeln hat.
Die
Zeremonien dieses Abends gehen zurück auf heidnische Riten der
Kelten, die Anfang November ihr Neujahrsfest begingen. Bereits vor
Tausenden von Jahren verabschiedeten sich die Druiden Ende Oktober
vom Sommer und feierten die Herrschaft des Todesfürsten "Samhain",
der während des Winters regierte. Nach Meinung der Kelten öffneten
sich in jener Oktobernacht die Gräber, Geister zogen umher und
suchten diejenigen aus, die im nächsten Jahr sterben würden.
Um den Tod in die Irre zu führen, verkleideten sie sich. Bei
den Iren wurde es dann Brauch, Rüben -"jack-o'-lantern" genannt-
auszuhöhlen und von innen zu beleuchten, die im Dunkeln furchterregend
aussahen. Irische Auswanderer brachten den Brauch dann Mitte des 19.
Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten von Amerika. Hier nahm man
statt Rüben ausgehöhlte Kürbisse (pumpkins) - heute
natürlich in Plastik erhältlich. Mitte der 90-er Jahre des
20. Jahrhunderts schwappte die Spuk-Welle schließlich über
den "großen Teich" von den USA nach Europa zurück. Wenn
Kinder zu Hallowe'en in den USA oder in England an den Haustüren
klingeln, rufen sie "Trick or treat!". Bekommen sie Süßigkeiten,
ziehen sie weiter; wenn nicht, necken sie die Erwachsenen oder strecken
ihnen die Zunge heraus. Die US-Amerikaner müssen heute an diesem
Tag leider nicht selten mit ernsteren Schäden, z.B. an Häusern
oder Autos, rechnen, was hier in Deutschland zur so genannten Hexennacht
auch vorkommen kann.
Wortursprung:
hallowed evening = der Abend vor All Hallows/All Saints' Day (Allerheiligen).
Papst
Gregor IV. christianisierte im Jahr 837 das heidnische Fest und verfügte,
dass am Termin des keltischen Fests zu Ehren "Samhains" festgehalten
wurde und Tote geehrt werden sollten. Allerheiligen und Allerseelen
wurden eingeführt.
Übrigens:
Nicht jeder, der sich am Hallowe'en-Abend hinter einer Maske versteckt,
geht am anderen Tag auf den Friedhof, um eine Kerze auf dem Grab eines
Verstorbenen anzuzünden.
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Die
Fasten- bzw. Passionszeit endet mit den Kartagen. Dem Karfreitag
geht der Gründonnerstag voraus, der an das letzte Abendmahl
vor dem Todestag Jesu erinnert. Wegen des folgenden Karfreitags als
Kreuzigungstag ist bereits der Gründonnerstag ein Tag der Trauer.
Daher verstummen nach dem Gesang des Gloria am Gründonnerstag
Orgel wie auch Kirchenglocken und ertönen erst wieder am Ostersonntag.
Das Rufen zum Gottesdienst erfolgt in diesen drei Tagen durch Messdiener
bzw. Kinder, die mit Holzklappern oder Ratschen durch die Straßen
ziehen. Blumenschmuck und Kerzen werden entfernt, das Ewige Licht
wird bis Ostern gelöscht. "Grün" wird zwar oft in Zusammenhang
gebracht mit dem Brauch, an diesem Tag etwas Grünes wie z. B.
Grünkohl zu essen. Wahrscheinlich ist aber das althochdeutsche
Wort "greinen" für heulen/weinen bzw. wehklagen namensgebend
gewesen.
"Kar"
leitet sich ab von dem althochdeutschen Wort "chara" und dem mittelhochdeutschen
Ausdruck "kar" für Klage und Trauer sowie dem gotischen Wort
"kara" für Sorge. Im Englischen kennen wir heute noch das Wort
"care" für Kummer, Sorge.
Präsentation
des Fotos mit freundlicher Genehmigung von Herrn Topp
|
Im
Jahr 1996 kehrte das Ölgemälde eines unbekannten Meisters
des späten 17. Jahrhunderts ins St. Vincenz-Krankenhaus von Limburg
an der Lahn zurück, das Kunsthändler Hans-Jürgen Topp
dem Krankenhaus schenkte.
Das
97 cm hohe und 75 cm breite Werk war während der Abrissarbeiten
des alten St. Vincenz-Hospitals vor damals 30 Jahren gefunden worden.
Das Bild lag verschmutzt und zerstört in einem Container und
das Motiv war kaum erkennbar. Man vermutet, dass das Gemälde
im Schwesternhaus des alten Krankenhauses hing. Das Bild war im Laufe
der Jahrhunderte mehrfach überstrichen worden. Die Restaurierungsarbeiten
brachten schließlich ein überraschendes Ergebnis zutage:
Das Motiv zeigt die Kreuzabnahme Jesu, wie sie in den Evangelien beschrieben
wird. Demnach hat Joseph von Arimathia, ein jüdischer Ratsherr,
mit Erlaubnis des römischen Prokurators Pontius Pilatus den Leichnam
Jesu vom Kreuz abgenommen. Dabei anwesend waren Maria und Maria Magdalena
und andere Frauen, nach Joh. 19,18 f. auch Nikodemus, ein Pharisäer.
Der Bildtradition entsprechend hat der Maler zu Füßen des
Kreuzes die niedergesunkene Mutter Jesu platziert. Joseph von Arimathia
ist links als würdiger alter Mann wiedergegeben. Jesus wird nicht
als ein dem Verfall anheim gegebener toter Körper gezeigt. Der
vom Licht grell beleuchtete keinesfalls in sich zusammengesunkene
Leichnam zeigt Erhabenheit. Ein qualvolles Sterben am Kreuz ist nicht
das Thema. Variantenreich sind die Einzelfiguren in einer Dreieckskomposition
ins Bild gesetzt. Das Kreuz nimmt dabei die zentrale Bildmitte ein.
Dramatisch ist die Situation mit Hilfe des Lichts geschildert. Die
Dunkelheit des Hintergrunds zieht nach rechts ab und weicht der Helligkeit
des neuen Tages (Karfreitag > Ostern). So weit die Beschreibung des
Gemäldes nach Dr. G. Hefele.
Über
die künstlerische Bedeutung hinaus übermittelt das Bild
natürlich eine religiöse Botschaft und das Thema Tod und
Auferstehung Christi hat sicher gerade in einem Hospital seine Berechtigung.
Bei der Aufhängung des Bildes im Vorraum zur Krankenhaus-Kapelle
im Erdgeschoss hat man sicher auch daran gedacht, dass dieses Gemälde
Patienten und Angehörigen christliche Hoffnung geben kann. Nur
wenige, die in dem Krankenhaus als Patienten oder Besucher verweilen,
werden den modern gestalteten Sakralraum aufsuchen, aber er hat für
den, der ihn betritt, inmitten des Klinik-Alltags eine eigene Ausstrahlung.
Die im Vorraum ausgelegte Broschüre trägt zu
Recht den Titel "Ein Raum
der Geborgenheit inmitten der Klinik". In St. Vincenz hängen
noch Kreuze über den Türen der Patientenzimmer, wenngleich
sie auch von vielen Patienten überhaupt nicht wahrgenommen werden.
Aber
immerhin ist es schon erfreulich,
dass sie wenigstens noch toleriert werden. Kreuze sieht man natürlich
nicht so gerne, aber -um auf das Gemälde zurückzukommen-
das Kreuz steht zwar im Zentrum des Bilds; viel wichtiger jedoch ist
der Hintergrund, der vom Dunkel des Karfreitags zum Hellen des Ostertags
übergeht, von der Traurigkeit zur österlichen Freude.-
Der
bekannte Komponist Ludwig van Beethoven hat sich übrigens
im Zusammenhang mit seiner zunehmenden Taubheit, die ja für
einen Musiker besonders belastend ist, mit folgenden zum Nachdenken
stimmenden Worten geäußert:
Beethoven
und das
Mit
den Kreuzen im Leben ist es wie mit den Kreuzen in der Musik. Sie
erhöhen.
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Ostern
Neben
Weihnachten ist wohl Ostern das bekannteste christliche Fest, das
sich wegen der Ostereier und Osterhasen auch noch kommerziell nutzen
lässt. Während Heiligabend und Weihnachten immer an den
gleichen Tagen (24. - 26. Dezember) gefeiert werden, hängt der
Termin des Osterfestes von Frühlingsanfang und Mond ab. Das Fest
wird seit dem Konzil von Nicäa (325 n. Chr.) alljährlich
am Sonntag nach dem ersten Vollmond gefeiert, der dem Frühlingsanfang
folgt. Ostern ist das älteste und wichtigste Fest der Christenheit.
Während die Juden den siebten Wochentag, den Sabbat als siebten
Schöpfungstag feiern, soll der Sonntag als erstem Tag der Woche
die Christen an die Auferstehung Jesu erinnern. Schon die alten Germanen
hatten den Sonntag als Tag der Verehrung ihrer Sonnengottheiten gewählt
(Vergl. "Sonntag"!). Der Name des Auferstehungsfests war vor
der Christianisierung der Germanen die Bezeichnung für ein heidnisches
Frühlingsfest (althochdeutsch: ostarun, mittelhochdeutsch: osteren)
und eine heidnische Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin,
die in altenglischen Texten den Namen "Eostrae" trägt. "Eoastrae"
ist wiederum mit dem griechischen Wort "eos" für die Morgenröte
(Vergl. auch "Osten", also dort, wo die Sonne aufgeht). Die germanische
Göttin war demnach eine Göttin für das zunehmende Licht
im Frühling.
Die
Germanen verehrten zahlreiche Götter und veranstalteten ihnen
zu Ehren Feste. Ihr Frühlingsfest war ein Auferstehungsfest,
bei dem sie die Auferstehung der Natur feierten. (Als das Christentum
zu uns kam, ging es nicht mehr um die Auferstehung der Natur, sondern
um die Auferstehung Jesu.) Sie glaubten, dass im Winter die Natur
sterbe und im Frühling von der Göttin "Ostara" (germanisch),
wie "Eostrae" (angelsächsisch) manchmal auch genannt wird, zu
neuem Leben erweckt werde. Aus Dankbarkeit opferte man ihr bunte Hühnereier,
weil sie als Symbol für keimendes Leben galten. Diese Bedeutung
hatte das Ei übrigens schon bei den Ägyptern, Griechen und
Römern. Bereits vor 5000 Jahren sollen die Chinesen zum Frühlingsbeginn
Eier rot angemalt haben, um die Sonne zu ehren. Bei den Christen wiederum
gilt Rot als die Farbe für Märtyrerblut, Sonne und Liebe.
Der Hase war wegen der vielen Jungen, der Fruchtbarkeit, ihr Lieblingstier.
Im Laufe der Zeit entstand das Märchen vom eierlegenden Osterhasen.
Die vermutlich älteste Darstellung eines >Oster<hasen findet
man auf dem Osterbild in einer Pergamenthandschrift des alten Speyerer
Dombuches aus dem Jahr 1343, wo neben einem Huhn und einem Lamm ein
aufrecht stehender Hase zu sehen ist. 1508 hat ein Speyerer Domherr
in seinem Haushaltsbuch Hasen und Hühner aufgeschrieben, die
ihm zu Ostern als "Osterzins" geschickt worden waren. (Nach
altdeutschem Gesetz war es üblich, Pacht und Steuern in Form
von Eiern bzw. Hühnern und Hasen zu entrichten.) Schriftlich
erwähnt wird die Geschichte vom Osterhasen und der Brauch im
Elsass und den angrenzenden Gebieten erstmals um 1680 (1678 oder 1682?)
in einem Bericht des Heidelberger Medizinprofessors Georg Franck mit
dem Titel "De ovis paschalibus - von Oster-Eyern", wonach der Osterhase
die Eier legt und sie anschließend versteckt. Im christlichen
Sinn ist das Ei ein Auferstehungssymbol: Die Schale ist das Grab,
aus dem neues Leben hervorkommt.
©
Carroll E.Whittemore Trust
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Osterlamm:
Das Lamm ist das klassische Opfertier des Alten Testaments. Das
Osterlamm ist geschichtlich zurückzuführen auf das Ritual
der Juden, zum Gedenken an Gott am Passahfest ein Lamm zu schlachten
und zu essen. Die weiße Farbe des Lammfells steht für die
Reinheit, das friedvolle Verhalten des Lamms soll ein Vorbild für
den Menschen sein. In der christlichen Kirche wird das Osterlamm mit
der Fahne als dem Zeichen des Sieges über den Tod dargestellt.
Osterfeuer:
Das Osterfeuer steht als Symbol für die Sonne. Es wird zu Beginn
der Liturgie in der Osternacht vor der Kirche entzündet und geweiht.
Am Osterfeuer wird die Osterkerze entzündet, die dann mit dreimaligem
Singen des "Lumen Christi" (Licht Christi) in das noch dunkle Gotteshaus
getragen wird.- Im Weserbergland lässt man am ersten Ostertag
einer alten heidnischen Sitte folgend brennende Räder vom Berg
rollen.
Osterbrunnen:
In der Fränkischen Schweiz gehört seit Anfang des 20. Jahrhunderts
zum österlichen Brauchtum auch das Schmücken von Brunnen.
Dieser Brauch hat keine christliche Bedeutung. Der Hauptgrund für
das Schmücken von Brunnen bzw. Quellen ist die Bedeutung des
Wassers als lebensspendendes Element der wasserarmen Hochebene der
Fränkischen Alb. Dem Schmücken des Osterbrunnens geht eine
gründliche Reinigung der Wasseranlage, das "Brunnenputzen", voraus.
Als Schmuck dienen ausgeblasene Eier, inzwischen auch Eier aus Plastik.
Die mit den Eiern behängten Girlanden und Fichtenzweige werden
um den Brunnentrog gewunden und zu riesigen Kronen geflochten. Häufig
wird der Brunnen noch mit lebenden Frühlingsblumen geziert.
Ev.
Kirche Klingelbach
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Kath.
Kirche Katzenelnbogen
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Der
Hahn auf den meisten Kirchturmspitzen erinnert an die Verleugnung
Jesu durch Petrus: "Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal
verleugnet haben. (Matth. 26, 34) Unterhalb des Hahnes sieht man oft
ein verziertes Kreuz zur Reminiszenz an Golgatha.
Außer
im Deutschen gibt es den Begriff "Ostern" nur noch im Englischen (
Easter). Die anderen europäischen Sprachen haben das Wort aus
dem kirchenlateinischen Ausdruck "pascha" (Vergl. hierzu die Ostersequenz
"Victimae paschali laudes"!) entlehnt: Pâques (französisch),
Pasen (niederländisch), Pasqua (italienisch), pascua (spanisch),
pask (schwedisch) usw. Das lateinische Wort "pascha" geht ursprünglich
auf das jüdische Passahfest (Pessach) zurück, das am Abend
des ersten Frühlingsvollmonds begangen wird, also in zeitlicher
Nähe zum christlichen Osterfest liegt. Beim Passahfest denken
die Juden an die Befreiung der Israeliten von der ägyptischen
Knechtschaft und den Auszug (Exodus) aus Ägypten.
Frater
Francke: Thomasaltar - Auferstehung (um 1424)
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Ostern gibt dem Leben
Tiefe
Kernaussagen
einer früheren Osterpredigt von Bischof Franz Kamphaus,
Limburg
Die Verdrängung
des Todes und die Fixierung auf den irdischen Teil des Lebens führt
zu einer "Halbierung" des Lebens und einer panischen Angst davor,
ohne künstliche Sicherung ins Nichts zu fallen. Schon hoffen
viele mit Hilfe der Gentechnik die eigene Unsterblichkeit sichern
zu können.
In der Erlebnisgesellschaft
dreht sich alles ums Leben, das immer besser, immer intensiver sein
soll, aber ausschließlich auf die engen Grenzen der eigenen
Interessen und Bedürfnisse ausgerichtet ist. So von der Sonnenseite
des Lebens gefangen werden viele nur schwer damit fertig, dass der
Tod und das Böse zur Realität des Lebens gehören. Die
Macht des Bösen ist nicht aus der Welt herauszuträumen,
auch nicht hinauszubomben. Kennzeichnend für den christlichen
Glauben ist, dass er weder Gewalttätigkeit noch Bosheit und Tod
verdrängt, sondern sich mutig damit auseinandersetzt. Der Karfreitag
ist an Ostern nicht vergessen. Über Jesu Grab ist kein Gras gewachsen.
Im Tod, am tiefsten Punkt menschlicher Existenz, geschieht der Durchbruch.
Nicht als menschliche Erfindung und Fortschrittstat, sondern aus Gottes
schöpferischer Treue, die neues Leben schenkt, das dem Tod gewachsen
ist. Ewiges Leben meint nicht die Fortsetzung des Gehabten, von der
jene träumen, die alles haben und nicht mehr im Sinn haben als
ihre private Seligkeit. Ostern heißt nicht, dass es ewig so
weitergeht, Ostern heißt neuer Mensch und neue Schöpfung.
Dabei kommen vor allem die auf der Strecke Gebliebenen zu ihrem Recht.
Mit Ostern ist das dunkle Geschäft des Todes ein für allemal
bankrott. Ostern gibt dem Leben Tiefe.
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Kultur
des Lebens oder Lebenskult?
Bischof
Franz Kamphaus, Limburg
Als
eine "Erlebnisgesellschaft" hat unlängst ein Soziologe die Gesellschaft
der Bundesrepublik Deutschland beschrieben. Quer durch alle Milieus
und Schichten gibt es einen Nenner, der uns vereint: Wir wollen etwas
erleben, wir wollen unser Leben auskosten. Unser Lebenshunger ist
längst zum Gegenstand des Marktes geworden. Die Fitnesswelle
rollt, die Gesundheitsbranche boomt. Jung, dynamisch, gesund - das
ist Leben, wie es uns in Werbespots und von Plakatwänden entgegentritt.
Was
aber, wenn es einmal nichts zu erleben, sondern nur zu erleiden gibt?
Wenn man nicht fit und "gut drauf" ist, man nicht mehr mithalten kann?*
Ist
dann Leben nichts mehr wert?
Wo
Leben zum Selbstzweck wird und sich die Lebenslust zur Lebensgier
wandelt, wird der Mensch zum Gejagten seiner eigenen Ansprüche.
Bei dieser Jagd bleiben viele auf der Strecke, werden Opfer des Lebensstils
der vermeintlich Starken. Wo Leben zum Privileg der Reichen, der Tüchtigen,
der Mobilen und Gesunden wird, breitet sich Unmenschlichkeit aus.
In
seiner neuen Enzyklika "Evangelium vom Leben" stellt Papst Johannes
Paul II. fest, dass die Menschheit am Scheideweg steht. Sie muss sich
entscheiden zwischen einer "Kultur des Todes" und der "Kultur des
Lebens". Gerade die so genannten hoch entwickelten Gesellschaften
sind in ihrer Lebensgier von der Kultur des Todes gefangen.
Geblendet
von der Sonnenseite des Lebens verschließen sie vor der Schattenseite
die Augen. Was immer wir an Ablenkungsmanövern inszenieren,
Leben und Tod, Lebenslust und Lebenslast lassen sich nicht voneinander
trennen.
Wer
glaubt, alles im Leben sei machbar, wird schnell über Leichen
gehen.
Er
muss bekämpfen, was sein Leben stört.
In
den Händen der Macher wird das Leben verfügbar, besonders
ganz am Anfang und am Ende. Die Menschenwürde wird angetastet,
eingeschränkt und begrenzt von denen, die das Sagen haben. Wer
grenzenlos leben will, begrenzt die Existenz vieler anderer.
Ostern
stellt uns ein anderes Bild vom Leben vor Augen. Auch Jesus
geht es um Gesundheit, Glück und Lebensfreude. Hätte er
sonst Kranke geheilt oder den Wein geschätzt? Aber er möchte
den Menschen nicht ein kurzweiliges "high life" schenken. Er möchte
ihnen helfen, das ganze Leben zu bewältigen, auch die Tiefen
des Leidens und des Todes.
Leben
ist nicht nur Freude und Glück, sondern ständig gefährdet,
von Angst begleitet, allemal sterblich. Jesus ist nicht "wie ein
junger Gott" darüber hinweggegangen. Jesus am Karfreitag: Das
ist nicht der dynamische Gipfelstürmer, sondern der gebeugte
Mann unter dem Kreuz. Das Stolpern und Niederfallen bleibt ihm nicht
erspart. Er wird ans Kreuz geschlagen, stirbt für uns. An diesem
tiefsten Punkt seiner Existenz setzt die größte Offenbarung
Gottes ein. Jesus, der sich nicht gierig ans Leben klammerte, sondern
es hingab für die anderen, er wird von Gott mit neuem Leben beschenkt.
An dieser Unsterblichkeit haben wir durch ihn ein für allemal
teil.
Unsterblichkeit
heißt nichts anderes, als dass wir das Leben bis zum letzten
Atemzug immer noch vor uns haben. Wer jetzt nicht alles haben muss,
weil ihm das Beste immer noch bevorsteht, verliert die Angst zu kurz
zu kommen. Er hat Zeit, sich anderen zuzuwenden, besonders denen,
die leer ausgehen. Das Kreuz im Rücken
und Ostern vor Augen werden wir reif zur Solidarität mit den
Schwachen und den Ausgeschlossenen. Nur
mit ihnen und nicht gegen sie kann eine Kultur des Lebens wachsen
und uns alle bereichern.
*Hierzu
ein Beispiel, von dem in einem Brief der Krebsgesellschaft
zu lesen war:
"Normalerweise
sind sportliche Leistungen kein Problem für mich, doch
an diesem Tag hat mich die Anstrengung einfach umgehauen.
Mir war total schwarz vor den Augen. Im Klinikum haben sie
mir eine Blutprobe entnommen. Am nächsten Morgen kamen
drei Ärzte zu mir ins Zimmer und sagten mir, dass ich
Leukämie hätte. Ich dachte: O Gott, das darf doch
nicht wahr sein, ich bin doch erst 19 und habe noch das ganze
Leben vor mir!"
Wie
Markus (19) werden Jahr für Jahr rund 2000 Kinder und
Jugendliche durch die Diagnose Krebs mitten aus ihrem Alltag
gerissen. Statt Schule, Sport und Spaß bestimmen Untersuchungen
und Therapien den Tagesablauf. Heimlicher Begleiter ist die
Angst vor medizinischen Eingriffen und vor Schmerzen, aber
auch die Angst sterben zu müssen.
MEDIA VITA IN
MORTE SUMUS
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Himmelfahrt und Pfingsten
Ascendens
Christus in altum. Alleluia, alleluia.
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Christi Himmelfahrt
(>"Vatertag" - Das Wandern an diesem Tag geht auf die so genannten
Flurumgehungen zurück, mit denen in vielen Regionen am Himmelfahrtstag
der Gang der Apostel nachgestellt wurde.) und auch Pfingsten sind
zunächst einmal die Feiertage, die kommerziell gesehen nicht
so lukrativ sind wie Weihnachten und Ostern. Sie werden großenteils
zum Wandern und für Kurzurlaube genutzt.
Das Himmelfahrtsfest wird
immer 40 Tage nach dem Osterfest an einem Donnerstag gefeiert. Christus
wurde im Beisein der Apostel zum Himmel emporgehoben und eine Wolke
entzog ihn ihren Blicken. In der Apostelgeschichte
1,1-14 wird von einer konkreten Himmelfahrt Christi
berichtet, andere Stellen (z.B. 1. Petrus 3,
22) betonen die theologische
Dimension als ein Zeichen dafür, dass sich seine Mission erfüllt
hat. [Bei dem Phänomen der Himmelfahrt handelt es sich um die
weit verbreitete Vorstellung von einer Himmelfahrt der Seele. Voraussetzung
dieser Himmelfahrtsvorstellungen, denen die Hölle als Gegenstück
entspricht, ist ein Weltbild, das Himmel, Erde und Unterwelt als Grundelemente
der Welt betrachtet.]
Die
kath. Kirche kennt noch das Fest der Himmelfahrt Mariens (Mariae
Himmelfahrt, 15. August). Die leibliche Aufnahme der Mutter Jesu ist
seit 1950 katholischer Glaubenssatz.
Pfingsten
ist
aus dem griechischen Wort (pentekoste)
entstanden und bedeutet ganz schlicht und einfach "fünfzigster",
weil es am siebten Sonntag (dem 50. Tag) nach Ostern zur Erinnerung
an die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die in Jerusalem
versammelten Apostel gefeiert wird. Das Fest wird als Zeitpunkt
für die Spendung der Taufe angesehen und gilt als der "Geburtstag"
der Kirche. Das Pfingstfest bildet den Abschluss des Osterfestkreises
und ist seit dem 3. Jahrhundert bezeugt. In der Kunst wird die Ausgießung
des Heiligen Geistes oft so dargestellt, dass Maria inmitten der Apostel
steht und über ihren Köpfen Feuerzungen und die Taube als
Symbol für den Heiligen Geist zu sehen sind.
Nach
kirchlicher Lehre ist der Heilige Geist in die Welt gesandt worden,
um Wort und Werk Jesu zu erhalten. Er gilt als der Heiligende, der
die Kirche und ihre Gläubigen führt und leitet.
Der
Heilige Geist (Spiritus Sanctus) ist im christlichen Glauben neben
Gott, dem Vater, und Christus, dem Sohn, die dritte Person der Trinität,
der Dreifaltigkeit. Der Begriff "trinitas" wurde im 2. Jahrhundert
von dem lateinischen Theologen Tertullian geprägt.
Der
Heilige Geist wird in der Bibel oft durch Symbole
dargestellt:
Markus
1, 10 : Taube
als Zeichen für Versöhnung und Frieden
Apostelg.
2 : Wirbelwind
für die Stärke
Apostelg.
2 : Feuerzungen*
als Zeichen der religiösen Ekstase
*Die
liturgische Farbe für das Pfingstfest ist daher das Rot.
Erwähnenswert
ist noch das pfingstliche Sprachenwunder.
Die Gabe des Heiligen Geistes befähigte die Jünger, in fremden
Sprachen zu reden.
Apostelgeschichte
des Lukas 2, 1 - 8:
Als
der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen
Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen wie
wenn ein heftiger Sturm heranjagt und erfüllte das
ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen
wie von Feuer, die sich zerteilten und auf jeden von ihnen
setzten. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt
und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist
ihnen eingab. In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer
aus vielen Völkern der Welt. Als dieses Brausen begann,
strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt;
denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten
außer sich vor Staunen und sagten: "Sind das
nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie
jeder von uns in seiner Muttersprache verstehen?"
|
P.S.:
Im Jahr 1906 enstand in Los Angeles die so genannte Pfingstbewegung.
Sie strebt durch die "Geisttaufe" ein Leben christlicher Vollkommenheit
an.
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Mitten
im Leben vom Tod umgeben
Solange
es Menschen und andere Lebewesen wie Tiere und Pflanzen auf der Erde
gibt, sind wir nicht nur mit dem Leben, sondern auch mit dem Tod konfrontiert.
Das bringt die Antiphon "Media vita in morte
sumus, quem querimus adiutorem..." aus dem 11. Jahrhundert deutlich
zum Ausdruck. Der lat.Text wurde ins Deutsche übertragen und
man findet das Lied unter EG 518 und
GL 654:
"Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen. Wer ist, der
uns Hilfe bringt,...?" Das Lied ist so aktuell wie vor 1000 Jahren,
als es entstand. Die im Liedanfang gemachte Feststellung bedarf selbst
in unserer innovationsfreudigen Zeit keiner Erneuerung.
Der
Tod kann plötzlich (Unfall, Mord) oder langsam durch Krankheit
eintreten. Er kann sanft, aber auch schrecklich sein. Auch das Lebensalter
spielt dabei keine Rolle. Gott sei Dank, dass keiner vorher weiß,
wann und wie er stirbt, wann seine letzte Stunde schlägt. Das
Leben würde unerträglich in Erwartung des Tages X und alle
Lebensfreude wäre genommen.
In
früheren Jahrhunderten wurde das Thema Tod -im Gegensatz zu heute-
nicht tabuisiert. Man war sich der zeitlichen Begrenztheit bewusster
als heute und akzeptierte sie auch eher als in der gegenwärtig
stark außengeleiteten Zeit, in der Status - Symbole unabdingbar
sind. Außerdem wurde das Sterben nicht aus den eigenen vier
Wänden hinausverlagert in Altenheime und Kliniken. Die überwiegende
Mehrheit der Bevölkerung möchte zu Hause sterben, tatsächlich
aber sterben die meisten Menschen im Krankenhaus.
Der
Soziologe R. Gronemeyer von der Universität Gießen schildert
den Wandel in unserer Gesellschaft folgendermaßen: "Hatte der
Arzt in früherer Zeit beim Sterbenden nichts mehr zu suchen,
wird heute der beruhigende weiße Kittel den trostlosen und ratlosen
Gesichtern der Angehörigen vorgezogen; denn eine religiöse
Zuversicht haben sie nicht mehr zu bieten. Der Tod wird nicht mehr
als Erfüllung des Lebens, sondern als Skandal begriffen. Die
Familie hat gelernt unzuständig zu sein. Und in der wirtschaftlich
orientierten Welt werden Menschen, die nicht mehr konsumieren können,
als Entsorgungsfälle betrachtet."
Früher
hing in manchen Krankenhäusern der lateinische Spruch "MEDICUS
CURAT - DEUS SANAT" aus, der einerseits in gewisser Hinsicht auf die
Begrenztheit der ärztlichen Kunst und andererseits auf die Hilfe
Gottes hinwies. Solch einen Hinweis wird man in unserer Zeit des scheinbar
alles Machbaren vergeblich suchen.
In
manchen Kliniken werden heute bereits die Überlebenschancen schwer
kranker Patienten an Hand der verschiedenen Parameter per Computer
ermittelt, um sagen zu können, ob sich der Einsatz der Intensivmedizin
noch lohnt oder ob ein Abbruch der Therapie sinnvoller erscheint.
Früher konnte das ein erfahrener Arzt auch ohne Hightech beim
bloßen Anblick des Patienten entscheiden und die Frage ist:
Wie human ist die Humanmedizin heute noch?
Alles
ist im Umbruch, so auch Grabkultur und Bestattungsbranche: In der
Antike lagen die Gräber außerhalb der Stadt, die Christen
beerdigten ihre Toten lange Zeit rund um die Kirche. Mit dem Entstehen
der bürgerlichen Gesellschaft verlagerten sich die Friedhöfe
weg von den Kirchen. Die Grabstätten wurden individueller, ja
sie gaben sogar Auskunft über die soziale Stellung der Verstorbenen.
In unserer Zeit gibt es wieder Veränderungen: Die Zunahme der
Feuer - Bestattungen und der anonymen Bestattungen ohne Grabstein
ist symptomatisch für die Gegenwart. Man differenziert heute
sogar zwischen Krematorium und Flamarium und denkt darüber nach,
die Bestattungsgesetze so zu ändern, dass auch Beerdigungen ohne
Sarg oder die Aufbewahrung sterblicher Überreste in Privaträumen
ermöglicht werden. Da der Trend -wie bereits erwähnt- immer
mehr in Richtung Feuerbestattung geht, sei hier noch eine Kuriosität
genannt: In Chile hat man Särge mit einer Alarmglocke eingeführt,
um lebendig Begrabene, also Menschen, die nur scheintot waren, eine
Möglichkeit zu geben, sich bemerkbar zu machen. Im Krematorium
müsste sich der Pseudo-Leichnam allerdings beeilen, die Alarmglocke
zu bedienen, um nicht lebendig verbrannt zu werden, was einer Horror-Vision
gleichkommt.Selbst sprachlich haben sich Veränderungen ergeben,
die hoffentlich nicht von langer Dauer sind. Der Bundesverband des
Bestattungsgewerbes bediente sich -dem Zeitgeist angepasst- der Wörter
"funeral master" (=Bestattungsunternehmer) und "peace box" (=Sarg),
wobei diese Ausdrücke im Englischen zumindest bisher nicht existieren.
Das Wort "Handy" kennt ja in den angelsächsischen Ländern
auch niemand. In echtem Englisch heißt der Bestatter nämlich
sehr vielsagend "undertaker", was ein Deutscher eher mit Unternehmer
übersetzen würde und in der Tat ist er es ja nun auch. Um
der Konkurrenz standhalten zu können, werden inzwischen schon
individuell angefertigte Särge, so genannte Designer-Särge,
angeboten, die in der künstlerischen Gestaltung z. B. Bezug auf
Beruf, Interessen oder das Alter des Verstorbenen nehmen und nicht
mehr so düster wirken wie bisherige Modelle. Farbe kommt ins
Spiel. Bei einigen Anbietern kann man bei den Särgen sogar zwischen
verschiedenen Kunststilrichtungen auswählen. Für Fußballfans
werden Särge und Urnen in den Vereinsfarben angeboten. Grabsteine
können auf Wunsch die Form eines Smartphones haben und dergleichen
mehr. Ein Berliner Unternehmen, das die Firmenbezeichnung "Ab
unter die Erde" trägt, unterscheidet hinsichtlich der
Bestattung bei den Verstorbenen sogar zwischen verschiedenen Sterbetypen:
Pragmatiker(in), Gamer(in), Romantiker(in) usw. Seebestattungen gibt
es schon lange, jetzt denkt man über Weltraumbestattungen als
besonderem Highlight nach. Im Zusammenhang mit dem oft strapazierten
Begriff "Nachhaltigkeit" existiert ein Angebot namens "Meine
Erde". Bei dieser Variante wird der Körper mittels Mikroorganismen
in fruchtbare Erde (Kompost) verwandelt. Das Unternehmen spricht hier
von Reerdigung, also Rückführung zur Erde, weil der
Körper auf natürliche Weise zur Erde zurückgeführt
wird, was aber -wie man feststellen muss- bei einer herkömmlichen
Erdbestattung auch nicht anders ist. Die in Hamburg stattfindende
Bestatter-Messe trägt den hinterfragbaren Namen "Happy
End". Elektronische Kondolenzkarten und Trauerblogs gibt
es schon fast seit Bestehen des Internets.
Ganz neu jedoch ist das Angebot von Grabsteinen mit QR-Code für
Smartphones. Der Friedhofsbesucher kann den Code mit seinem Handy
am Grabstein einscannen und gelangt so direkt auf die Facebook-Seite
oder eine private Website des Verstorbenen.
Während christliche Symbole und Bibelverse auf den Grabsteinen
zunehmend der Vergangenheit angehören, findet man bei der fortschreitenden
Entchristianisierung auch witzige Sprüche auf Grabsteinen, die
beispielsweise den Charakter oder die Vorlieben des Verstorbenen widerspiegeln.
Da kann man zwar geteilter Meinung sein,
aber es gibt auch Pfarrer, die das nicht schlecht finden.
Neuester Trend
der Trauerkultur, die immer groteskere Formen annimmt, ist das sogenannte
"Windtelefon" (z.B. auf dem Kasseler Hauptfriedhof).
Wenn vor dem Tod noch nicht alles gesagt wurde, was hätte gesagt
werden sollen, dann bietet dieses Telefon die Möglichkeit, in
einer ausgedienten Telefonzelle letzte Worte an den Verstorbenen zu
richten. Die Übertragung ins Jenseits erfolgt der Vorstellung
nach nicht über ein Glasfaserkabel, sondern imaginär durch
den Wind, daher der Name "Windtelefon". Das
Ganze muss nur gut promoted werden, dann ist für eine zunehmende
Zahl von Followern gesorgt.
Seit einigen Jahren bestattet man Tote ja auch wieder (man denke
an die in vielen Wäldern aufzufindenden Hügelgräber
aus grauer Vorzeit) im Wald und spricht von Friedwäldern oder
z.B. in Anlehnung an den Begriff "Metropole" von "Wald - Nekropolen".
Bei der Bestattung im Wald kann die Asche in einer biologisch abbaubaren
Urne an den Wurzeln eines Baumes anonym oder mit einer Namensplakette
beigesetzt werden. Der Fantasie sind offenbar keine Grenzen gesetzt.
Dem Tod geht ja meistens ein kürzeres oder längeres Leiden
voraus und wir neigen dann doch zu der Frage: Wie kann Gott so etwas
zulassen? Weder auf Leiden noch auf Tod können wir mit menschlichen
Maßstäben gemessen eine Antwort geben und schon
im Alten Testament wird uns bei Jesaja
55 gesagt: "Meine Gedanken sind nicht
eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege." Für
viele Menschen ist der Friedhof eine Sackgasse und nicht für
alle ist der "Totensonntag" ein "Ewigkeitssonntag", wie er auch bezeichnet
wird. Gerade in
unserer schnelllebigen Zeit sollte
uns ein Spruch aus dem 14. Kapitel des
Buchs Hiob zu denken geben:
Der
Mensch von der Frau geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe,
geht auf wie eine Blume und
fällt ab,
flieht wie ein Schatten und bleibt nicht.
... Er hat seine bestimmte Zeit;
... du hast ein Ziel gesetzt, das wird er nicht überschreiten.
Inquietum
est
cor nostrum, donec requiescat in te.
Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe
findet in dir.
Augustinus
|
Georg Friedrich
Händel (1685 - 1759)
Wie
intensiv die Menschen in vergangenen Jahrhunderten glaubten, beweist
ein Wunsch des am 23. Februar 1685 in Halle geborenen großen
deutsch-englischen Komponisten Georg Friedrich
Händel: "Ich möchte am Karfreitag sterben, in der Hoffnung
mit meinem Heiland am Tag seiner Auferstehung vereint zu werden."
Tatsächlich
starb er am 14. April, dem Karsamstag des Jahres 1759. Die ehrenvolle
Beisetzung erfolgte in der Westminster Abbey, London.* Die Grab-Inschrift
aus einer Messias-Arie lautet: "I know that my Redeemer liveth (and
that He shall stand at the latter day upon the earth)." [Ich weiß,
dass mein Erlöser lebt (und dass er erscheint am letzten Tag
dieser Erde).]
*Duplizität
der Ereignisse: Auch die englische "Queen Mum" starb an einem
Karsamstag (30. März 2002). Die Trauerfeier fand zwar in Westminster
Abbey statt (Dienstag, 9. April), die Beisetzung erfolgte allerdings
am gleichen Tag in der St George's Chapel des Schlosses Windsor.
Johann
Sebastian Bach (1685 - 1750)
Auch
Johann Sebastian Bach, der am 21. März* 1685 in Eisenach
geboren wurde und schon als 10-Jähriger Vollwaise war, hat trotz
mancher Schicksalsschläge nie den Glauben verloren. (Vergl. hierzu
auch Max Planck !) Für ihn war jegliche
Art von Kunst -wie eben auch die Musik- Gottesdienst.** So schrieb
er an den Anfang seiner Werke oft die Buchstaben J.J. (JESU JUVA =
Jesus hilf !) und an das Ende der Komposition die Buchstaben S.D.G.
(SOLI DEO GLORIA = Allein Gott zur Ehre), womit er seine christliche
Haltung dokumentierte. Kurz vor seinem Tod diktierte er -inzwischen
erblindet- seinem Schwiegersohn Johann Christoph Altnikol ein Choralvorspiel
zu dem Lied "Wenn wir in höchsten Nöten sein", über
das er seinen Schwiegersohn den Titel "Vor deinen Thron tret ich hiermit"
schreiben ließ.
(Im Bach-Werke-Verzeichnis hat diese Komposition die Nummer BWV 668.)
Zu Bachs Lebenszeit gab es zwei Texte zur gleichen Melodie, nämlich
"Wenn wir
in höchsten Nöten sein" und "Vor deinen Thron tret ich hiermit".
Hier die erste und letzte Strophe des heute nicht mehr bekannten zweiten
Textes:
Vor deinen
Thron tret' ich hiermit,
o Gott, und
dich demütig bitt:
Wend dein
genädig Angesicht
von mir, dem
armen Sünder, nicht.
Ein selig's Ende mir bescher,
am Jüngsten Tag erweck mich, Herr,
dass ich dich schaue ewiglich.
Amen, amen, erhöre mich.
*Der
21. März ist das Datum des alten Julianischen Kalenders, der
in Eisenach sogar um 1750 noch Gültigkeit hatte. Nach unserem
Gregorianischen Kalender liegt sein Geburtstag am 31. März.
Die Bach-Wissenschaft hat sich auf den 21. März geeinigt.
**In seiner Generalbass-Lehre schreibt er: "Und soll wie aller
Music, also auch des General Basses Finis (= Ziel, Zweck) und End
Uhrsache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths
seyn. Wo dieses nicht in Acht genommen wird da ists keine eigentliche
Music sondern ein Teuflisches Geplerr und Geleyer."
J.S.
Bach-Zitat über G.F. Händel: "Das ist der einzige, den
ich sehen möchte, ehe ich sterbe und der ich sein möchte,
wenn ich nicht Bach wäre."
Strophe1
Wenn wir in höchsten
Nöten sein
und wissen nicht, wo
aus noch ein
und finden weder Hilf
noch Rat,
ob wir gleich sorgen
früh und spat. |
Strophe
5
Drum kommen wir, o Herre Gott,
und klagen dir all unsre Not,
weil wir jetzt steh'n verlassen gar
in großer Trübsal und Gefahr. |
Text:
Paul Eber (1566) nach "IN TENEBRIS NOSTRAE"
von Joachim
Camerarius um 1546 |
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