Migration heißt
also "Wanderung". Eine solche "Wanderung" ist in der Regel einem
Wohnsitzwechsel gleichzusetzen. Schon in der Bibel erfahren
wir von solchen Ortswechseln. Im entfernteren Sinn kann man
darunter aber auch eine Urlaubsreise verstehen.
Migrationen erfolgen nicht immer
freiwillig. Das wird klar, wenn man z.B. an die Flüchtlingsströme
denkt, die es im Laufe der Geschichte durch Verfolgung (Pogrom)
immer wieder gegeben hat und noch heute gibt. Im Juni des Jahres
2002 wurde ein Migrationsreport erstellt, der ergab, dass 700.000
Menschen von Mittel- und Osteuropa nach Westeuropa auswandern
wollten. Im
Jahr 2015 beantragten 1.322.825 Menschen in den Ländern
der Europäischen Union Asyl. Weltweit
befanden sich 65,3 Millionen Menschen auf der Flucht. Mobilität(Beweglichkeit)
und Flexibilität(Anpassungsfähigkeit) stehen
in engem Zusammenhang mit der Migration. Auch das Wort "Heimat"
ist in diesem Kontext zu erwähnen.
Biblischer
Bezug: 1. Mose 121
Und
der Herr sprach zu Abraham: "Gehe aus deinem Vaterland und von
deiner Freundschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land,
das ich dir zeigen werde."
und
1. Mose 24 4+7
...sondern
dass du ziehst in mein Vaterland und zu meiner Freundschaft
und suchst eine Frau für meinen Sohn Isaak.
...
Der Herr, der Gott des Himmels, der mich von meines Vaters Haus
genommen hat und von meiner Heimat,... der wird seinen Engel
vor dir her senden, dass du für meinen Sohn dort eine Frau
findest.
MY
HOME IS MY CASTLE
Dieser Satz war
vor Jahrzehnten einmal ein geflügeltes Wort. Heute hat oder hätte
zwar auch noch jeder gern ein nach modernsten Maßstäben,
möglichst futuristisch ausgestattetes eigenes Haus (Eigenheim
), das zugleich ein wohnliches Ambiente ausstrahlt. Aber etwas Entscheidendes
hat sich gegenüber der früheren Zeit geändert: Das Haus
wird nicht mehr kontinuierlich bewohnt; man verlässt es berufs-
und erholungsbedingt viel häufiger als in vergangenen Zeiten. Trautes
Heim, Glück allein - Tempi passati !
In früheren Jahrhunderten war man
dem Heim, der Heimat so sehr verbunden, dass es eine Unmenge von Heimatliedern
gab, wenngleich manche von ihnen sehr pathetisch waren. Und diese Lieder
gab es nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern sogar in den USA,
im "Wilden Westen". Beispiele hierzu sind die Lieder "Oh give me a home,
where the buffalo roam" (schon 1867 in Texas gesungen) oder "Red River
Valley", dessen letzte Zeile der fünften Strophe mit den Worten
"As I wait in my home in the west" endet.
Aber das Wort "castle"
ruft bei mir noch eine andere Assoziation hervor, nämlich eine
Verbindung zu Martin Luther und seinem
Lied "Ein feste Burg ist unser Gott", das
auch bei der Anglican Church unter dem Titel "A safe stronghold our
God is still" Eingang gefunden hat. Wie man bei dem englischen Wort
"stronghold" gleich feststellt, ist hier nicht die Rede von einem märchenhaften
Schloss, sondern von einer Festung. Im Glauben fest,
firm sein und dadurch allen Unbilden des
Lebens -wie eine Festung den Angriffen- widerstehen.
Erwähnenswert in diesem Kontext: die Wörter "Firmung" (kath.)
und "Konfirmation" (ev.), die das gleiche Ziel haben: die Festigung
im Glauben.
Martin
Luther
Martin
Luther im Kreis seiner Familie
(im Hintergrund am Tisch
sitzend Philipp Melanchthon)
Dr.
theol. Martin Luther
*
10. 11. 1483 in Eisleben, am 11. November, dem Martinstag
(daher sein Vorname), in der Kirche
St. Peter und Paul in Eisleben getauft, + 18. 2. 1546
in Eisleben; Grab in der Schlosskirche von Wittenberg
Nur mit Mühe war er von Generalvikar Staupitz dazu
zu bewegen, den Doktortitel anzunehmen. Zitat: "Ich,
Doktor Martinus, bin dazu berufen und gezwungen worden,
Doktor zu werden aus lauter Gehorsam. Da habe ich das
Doktoramt annehmen müssen..." Bekannt geworden
ist er vor allem durch seine in lateinischer Sprache verfassten
und am 31. Oktober 1517 veröffentlichten 95
Thesen. Hier die erste These: Dominus et magister noster Iesus Christus dicendo
,Penitentiam agite etc.' omnem vitam fidelium penitentiam
esse voluit. (Da unser Herr und Meister Jesus
Christus spricht "Tut Buße" usw. (Matth.
4,17), hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen
Buße sein soll.)
(Martinus Luther)
Hier
können Sie
"Ein feste Burg" in der ursprünglichen
"unruhigen" Melodie mit Lautenklang hören:
hhören:
Der
auch als Reformationslied bekannte Choral "Ein feste Burg
ist unser Gott" basiert auf dem Text des 46. Psalms, der
mit folgenden Worten beginnt: "Ein Lied der Kinder Korah von
der Jugend vorzusingen. Gott ist unsere Zuversicht und Stärke,
eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen
haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt
unterginge..." [Für Juden wie für Christen ist also
Gott die (geistliche) Heimat und in einem amerikanischen Weihnachtslied
unserer Zeit erfahren wir, dass durch die Geburt Christi
auch das Umgekehrte gilt: God has made the earth his home./Gott
hat die Erde zu seiner Heimat gemacht.]
Martin
Luther, die so genannte "Wittenberger Nachtigall", wie er wegen
seines guten Singens und Lautenspiels von dem Nürnberger
Meistersinger Hans Sachs in einem Gedicht aus dem Jahr 1523
genannt wird, schrieb im Jahr 1529 Text und Melodie des Lieds
"Ein feste Burg".
Er sah
ähnlich wie der antike Kirchenvater Augustinus die Musik
als göttliches Geschenk und zugleich als Auftrag Gottes
an. In einem Brief an den Kirchenliederkomponisten Johann Walter
(1496 - 1570), der als "Urkantor" der evangelischen
Kirche gilt und das erste evangelische Gesangbuch herausgegeben
hat, schrieb er: "Wäre ich nicht Theolog', würd'
ich am liebsten Musiker geworden sein."
Video "Ein
feste Burg ist unser Gott"
1)
Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller
Not,
die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Feind
mit Ernst er's jetzt
meint;
groß Macht und viel List
sein grausam Rüstung ist,
auf Erd ist nicht seinsgleichen.
2)
Mit unsrer Macht ist nichts getan,
wir sind gar bald verloren.
Es streit' für uns der
rechte Mann,
den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer er ist?
Er heißt Jesus Christ,
der Herr Zebaoth
und ist kein andrer Gott,
das Feld muss er behalten.*
3)
Und wenn die Welt voll Teufel wär
und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht
so sehr,
es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt,
wie sauer er sich stellt,
tut er uns doch nicht,
das macht, er ist gericht':
Ein Wörtlein kann ihn
fällen.
4)
Das Wort sie sollen lassen stahn
und kein' Dank dazu haben;
er ist bei uns wohl auf dem
Plan
mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen sie den Leib,
Gut, Ehr', Kind und Weib;
lass fahren dahin,
sie haben's kein Gewinn,
das Reich muss uns doch bleiben.
*Beim
ersten Lesen hat das Lied, das Heinrich Heine
einmal als "Marseillaise der Reformation" bezeichnet
hat, einen ausgesprochen martialischen Charakter (>Waffen, Feind,
Rüstung). Aber man muss den Text vor dem Hintergrund der
damaligen Zeit sehen. Luther vergleicht in dem Lied Gott mit einer
Burg, in der man sich sicher fühlen kann. Und was lag im
16. Jahrhundert näher als dieser bildhafte Vergleich? Kriege
und Burgen als Zufluchtsstätte waren den Menschen der damaligen
Zeit vertraut. Und er selbst lebte ja einige Zeit auf einer Burg,
der Wartburg, weil er sich dort sicher
fühlte. Hier übersetzte er auch
das Neue Testament ins Deutsche.
Luther hielt die Musik für so wichtig, dass er einmal gesagt
hat: "Man muss die Musik unbedingt in den Schulen behalten.
Ein Schulmeister muss singen können, sonst sehe ich ihn nicht
an." Der
Lautenspieler Luther liebte die Musik - angeblich mit Ausnahme
von Pauken und Trompeten. Während
seiner Schülerzeit an der Pfarrschule St. Georg in Eisenach,
wo auch später J.S. Bach zur Schule ging, fand er Unterkunft
bei einer Frau, der er durch sein besonders schönes und andächtiges
Singen aufgefallen war. Von ihr schreibt er: "Und ich fand
Unterkunft bei einer andächtigen Matrone, die um eines andächtigen
Singens und Betens willen eine sehnliche Zuneigung zu mir trug.
Diese Frau war Ursula Cotta." Die Freundlichkeit und Geborgenheit,
die er hier erfuhr, sind der Grund dafür, warum er Eisenach
als "seine liebe Stadt" bezeichnete.
Und hier
noch etwas zu Luthers Erziehung und Bildung:
Luthers Eltern
Hans und Margarethe Luther, geb. Lindemann
Es war schon
etwas Besonderes, dass der Bergmann Hans Luther sein zweites
Kind auf eine Schule schickte, weil es damals noch keine
Schulpflicht gab. Wenn Kinder eine Schule besuchen sollten,
mussten die Eltern für den Unterricht bezahlen. Gelernt
wurden vor allem Lesen, Schreiben und Singen, auf mathematische
Kenntnisse wurde kaum Wert gelegt. Besonders wichtig waren
aber gute Kenntnisse in Latein, der Sprache, die das Tor
zur Welt öffnete, ähnlich wie es heute mit der
englischen Sprache ist.
Luthers Eltern
führten trotz bescheidenen Wohlstands ein entbehrungsreiches
Leben, was dem abgehärmten Gesichtsausdruck seiner
Mutter zu entnehmen ist. Auch die Kinder hatten kein leichtes
Leben. Martin Luther äußerte
sich selbst einmal zur elterlichen Erziehung: "Mein
Vater stäupte (> schlug) mich einmal so sehr,
dass ich ihn floh und gram wurde, bis er mich zu ihm gewöhnte.
Meine Eltern haben mich hart gehalten, dass ich darüber
gar schüchtern wurde. Die Mutter stäupte mich
um einer geringen Nuss willen, dass nachher das Blut floss.
Aber sie meinten es herzlich gut, konnten aber die Veranlagungen
nicht unterscheiden, danach die Strafe einzurichten."
* * *
Sommerzeit
ist Reisezeit. Die Erwachsenen nehmen Urlaub, die Schulkinder
haben Ferien. Nun meint man vielleicht, Urlaubs-, Ferien-
und Reisezeit seien völlig identische Begriffe. Nicht
ganz! Das Wort "Urlaub" stammt sprachgeschichtlich von dem Verb
"erlauben" ab und Urlaub bedeutet also nichts anderes als die
Erlaubnis, der Arbeitsstätte fernbleiben zu dürfen.
Urlaub beinhaltet demnach nicht zwangsläufig das in den Wohlstandsbreiten
beliebte Reisen. Das früher existierende Verb "urlauben"
gibt es nur noch in der Zusammensetzung mit der Vorsilbe be-,
nämlich "beurlauben" (= Urlaub gewähren). Auch "Ferien"
meint nicht das Reisen. Das seit dem 16. Jahrhundert bezeugte
Fremdwort ist aus dem lateinischen "feriae" (=Festtage, geschäftsfreie
Tage, Ruhetage) entlehnt und ist mit dem Lehnwort "Feier"
(> Feiertag) verwandt. Das Fremdwort erscheint zunächst im
Bereich der Rechtssprache zur Bezeichnung der Tage, an denen keine
Gerichtssitzungen abgehalten wurden. Im schulischen Bereich entwickelte
sich dann der freiere Gebrauch des Wortes. Im Englischen heißt
der Feiertag "holiday" von "holy" = heilig; "public holiday" meint
hingegen einen "freien Tag". Die Pluralform "holidays" bedeutet
Ferien. In Amerika wiederum heißen die Ferien "vacation"
und dieses Wort ist dann wieder mit dem französischen Begriff
"vacances" verwandt und das amerikanische sowie das französische
Wort haben ihre Wurzeln im lateinischen "vaco" (= leer, frei;
herrenlos sein; frei sein; Zeit haben zur Muße).
Interessant ist noch, dass man in Italien zwei Ausdrücke
kennt: a) "ferie" für Ferien und b) "vacanze" für Urlaub.
Die Italiener als die ehemals Latein sprechenden Römer sind
also ihren Sprachwurzeln treu geblieben.
Nach diesen
einführenden Worten im Sinne des Leitmotivs "Im Anfang war
das Wort" nun zum eigentlichen Thema: Heimat. Und Heimat
hat ja insofern etwas mit Reisen/Wandern zu tun, als man
während des Reisens die Heimat verlässt, verlassen will
(der Erholung halber) oder verlassen muss (z.B. berufsbedingt)
.
Will man das
Phänomen "Heimat" tiefgründig verstehen, ist auch hier
zunächst die sprachliche Analyse des Worts "Heim(at)" angezeigt:
Das germanische
Wort heim "Haus, Wohnort, Heimat", engl. "home" "Haus, Wohnung,
Aufenthaltsort, Heimat" ist eine Substantivbildung zu der indogermanischen
Wurzel kei- "liegen" und bedeutete ursprünglich "Ort, wo
man sich niederlässt, Lager" < liegen. Zu dieser Wurzel
gehören auch die Wortgruppen von "Heirat" (ursprüngl.
"Hausbesorgung").
Das Wort "Heimat"
hat allerdings wie auch das Wort "Volk" -durch die Hitlerzeit
bedingt- eine starke Bedeutungsverschlechterung erfahren und so
kam es auch, dass man vor einigen Jahrzehnten in den Schulen das
Fach "Heimatkunde" neben anderen Gründen durch den unbelasteteren
Begriff "Sachunterricht" ersetzte; aus den Volksschulen wurden
auf einmal Hauptschulen, aus den Volksliedern Songs.
Wenngleich
das Wort "Heimat" heute verpönt ist, so kommt es doch noch
in einigen Ortsnamen (Rosenheim, Weinheim, Ingelheim; Heimbach,
Heimersheim) und Wortzusammensetzungen vor: Heimatfest, -forscher,
-lied, -film, -dichter, -gefühl, -verbundenheit, -glocken.
Und durch die
Bayernhymne der ihre Heimat nicht verleugnenden Bayern ist
sogar das Wort "Heimat erde" erhalten geblieben. Betrachtet
man diese Begriffe näher, dann stellt man fest, dass sie
eigentlich nur inzwischen schon Vergangenes zum Ausdruck bringen,
Sachverhalte, die nur noch die ältere Generation bewegen.
Anders verhält
es sich beim Nomen "Heim". Hier gibt es noch zahlreiche inhaltlich
aktuelle Zusammensetzungen: Heimwerker, -trainer, -spiel, -sieg,
-vorteil, -weg, -weh, -tücke. Und es ist kaum zu fassen!
Im neuen Duden findet man sogar das Wort "Heimseite" für
das schicke englische Wort "Homepage". Aber welcher Deutsche,
der "etwas auf sich hält" und nicht belächelt werden
will, gebraucht schon das Wort "Heimseite". Einen Vorteil jedenfalls
haben die beiden Wörter, nämlich den, dass durch sie
wenigstens der sprachliche Fortbestand der Heimat gesichert ist;
denn ansonsten ist in der Gegenwartsgesellschaft des "global village"
das Heimatgefühl verloren gegangen. Heimweh mag es in seltenen
Fällen noch geben. Aber wie David Riesmanschon im Jahr 1950 über
die amerikanische Gesellschaft schreibt, "ist der außen-geleitete
Mensch in gewissem Sinne überall und nirgends zu Hause; schnell
verschafft er sich vertraulichen, wenn auch oft nur oberflächlichen
Umgang und kann mit jedermann leicht verkehren."
Jetzt aber
zu vergangenen Zeiten bis hin zu den biblischen Kontexten. Während
früher Heimatlosigkeit immer als etwas Negatives erlebt wurde,
ist dem heute scheinbar nicht mehr so.
Nachdem er
seinen Bruder Abel ermordet hatte, ließ Gott Kain unstet
und flüchtig auf der Erde umherirren und ich sehe in Kains
Verhalten Parallelen zur heutigen Gesellschaft. Es ist leider
Gottes alles sehr oberflächlich geworden. Und vom modernen
Menschen wird ja nun einmal Flexibilität und Mobilität
erwartet. Das wirkt jedoch antagonistisch im Sinn eines (positiven,
nicht falsch zu verstehenden) Heimatgefühls. Der Mensch braucht
ein "Lager", er benötigt auch eine geistige und geistliche
Heimat, wenn er nicht seelisch verkümmern will.
Nicht nur Kain,
auch Abraham musste seine Heimat verlassen. Als Gott vertrauender
Mensch folgte er zwar dem Ruf Gottes, seine Heimat Haran zu verlassen,
aber er war deshalb keineswegs beglückt. Als wandernder Aramäer
aus dem Gebiet der Oberläufe von Euphrat und Tigris in Mesopotamien
zog er los, um ins Land der Kanaanäer zu ziehen. Dieser Exodus
und das Leben als Nomade war für den 75-jährigen Abraham
mit Sicherheit nicht leicht. Und wie sehr er an seiner alten Heimat
hing, geht daraus hervor, dass er für seinen einzigen Sohn
Isaak keine Frau aus Kanaan wünschte, wo er inzwischen lebte.
Er schickte Elieser aus, um in seinem Vaterland (Mesopotamien)
eine Frau für Isaak zu finden. In 1. Mose 24 (s.o.) heißt
es: "Der Herr, der Gott des Himmels, der mich von meines Vaters
Haus genommen hat und von meiner Heimat, der... wird seinen Engel
vor dir her senden, dass du für meinen Sohn dort eine Frau
findest."
In biblischer
Zeit wie auch in unserer gibt es doch eigentlich nichts Schlimmeres
als von seiner Heimat vertrieben zu werden bzw. flüchten
zu müssen . Das hat gerade das Volk Israel erlebt und Flucht
und Vertreibung gibt es auch heute noch weltweit. Auch Deutsche
haben Flucht und Vertreibung erfahren und ihrer alten Heimat nachgetrauert.
Ergänzend
noch etwas zum sprachlichen Bereich (Siehe
auch unter "Turmbau zu Babel"!).
In der britischen Zeitschrift "The Independent" war in einer Ausgabe
des Jahres 2000 folgende Überschrift zu lesen: "The English
language is taking over the world. But should we rejoice?"
/ Auf der Welt wird zunehmend Englisch gesprochen. Aber sollen
wir uns darüber freuen?" In diesem Zeitungsartikel wurde
die kulturelle Identität angesprochen, d.h. die Identität
von Sprache und Kultur. [Man könnte auch noch die Musik nennen.]
Momentan würden noch 6000 Sprachen auf der Welt gesprochen,
im Jahr 2025 sollen es -prognostisch gesehen- nur noch die Hälfte
davon sein. Weiter heißt es: "Wenn Sprachen sterben, sterben
auch Begriffssysteme, Vorstellungen und Denkweisen, Selbstvertrauen
und Wertesysteme."
Nicht nur die
Sprachen der verschiedenen Länder sterben aus, sondern auch
die Dialekte innerhalb der Länder, besonders in Deutschland,
weil man diese fälschlicherweise für minderwertig hält.
Ist nun
das "globale Dorf" gleichzusetzen mit Heimat? Ich meine, nein;
denn Heimat bedeutet mehr. Jeder Ort auf der Welt hat seine eigene
Atmosphäre und seine Unverwechselbarkeit so wie jeder Mensch
ein Individuum ist. Im globalen Dorf jedoch ist vieles gleich.
Und der Mensch muss wie jede Pflanze irgendwo fest verwurzelt
sein, sonst geht er/sie ein. Mir kommt dabei das Buch "Roots"
über die entwurzelten schwarzen Sklaven von Alex
Haley in den Sinn.
Um auf den
Anfang, das Thema Reisen (=Verlassen der Heimat) zurückzukommen,
ist es ja heute zumindest in Deutschland so, dass der, der nicht
jährlich eine weite Reise unternimmt, sich fast schon dafür
rechtfertigen muss. Schüler, die nun keinen Urlaub im Ausland
verbracht haben, haben es manchmal nach den Ferien bei Pausengesprächen
schwer. Deshalb nehmen wenig verdienende Eltern teilweise lieber
einen Kredit auf. Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohlmachte in einer Talkshow einmal
eine sehr treffende Bemerkung hinsichtlich der Vielzahl von Fernreisen:
"Ich wundere mich nur, warum alle wieder nach Deutschland zurückkommen."
Die Gründe liegen natürlich auf der Hand: Wohlstand
und soziale Sicherheit.
Auf einem Katechetenfest
äußerte der Limburger Bischof
Kamphaus einen Satz, der zur
Reflexion anregt. Er sagte, es sei verrückt, dass Menschen
in immer entferntere Länder reisten, um das Fremde kennen
zu lernen und andererseits ständen uns die Haare zu Berge,
wenn Fremde in Deutschland ankämen.
Ein
Beitrag des Sozialmediziners Alexander
Schuller mit dem Titel
" Sucht und Sehnsucht"
Quelle:
Alexander Schuller/Jutta Kleber (Hg.), Gier. Zur Anthropologie
der Sucht.
Göttingen,
Vandenhoeck & Ruprecht, 1993, S. 33
"Die
Sehnsucht, die Sehnsüchte, die Süchte werden wachsen.
Wie Metastasen durchziehen sie schon jetzt unsere Gesellschaft
und viele von ihnen sind in den Untergrund gegangen: als Verbrechen
und als Verzweiflung, als Narzissmus, als Radikalismus, als Vandalismus,
als Alkoholismus und als Terrorismus. Sie erkennen sich selbst
nicht mehr. In den vielen tiefen und dunklen Nischen der Komplexitätsgesellschaft
nisten sie sich ein, krank und gekränkt und immun gegen die
etablierten Abwehrsysteme, unerkannt und unkontrolliert. Und wer
ihren Code zu entschlüsseln versucht, wird eine Synthese
aus Regression und Transgression, aus Wahn und Wille, aus Rückschritt
und Fortschritt, aus Animalität und Spiritualität entdecken.
Die Sehnsüchte werden immer einsamer, immer stärker,
immer wilder, immer mehr. Aber die Orte, wo sie sich niederlassen
können,Heimat finden in dieser Gesellschaft, werden
karger. Sie sind auf Trebe, die neuen Nomaden der Moderne. Kein
Haus, kein Kruzifix kann sie mehr halten. Viele haben schon die
Zelte abgerissen, einige schon die Boote bestiegen. Sie warten
auf den Sturm, der sie hinaustragen soll aufs hohe Meer, zu rasender
Fahrt."
Prof.
Dr. Michael Bottlinger schreibt:
"Auch ich als typischer "akademischer Nomade" habe nach
meiner Promotion der Familie (Ehefrau und zwei Kinder) vier Umzüge
in sechs Jahren in verschiedene Teile Deutschlands zugemutet.
Es war jedesmal zu spüren, welcher seelischen Belastung die
Kinder und meine Frau ausgesetzt waren. Ich selbst konnte mich
noch am ehesten in die "Ersatzheimat " Arbeitsplatz retten, den
ich mir ja jeweils selbst ausgesucht hatte. Aber letztlich hat
auch mich die psychische Belastung überfordert und zu einer
langwierigen Krankheit geführt.
Wir können
nicht maximale Mobilität von arbeitenden Menschen verlangen
und dennoch meinen, dies hätte keine Auswirkung auf den Zustand
unserer Gesellschaft und Kultur.
Der Begriff
"Nachhaltigkeit" (also Leben, ohne die eigenen Grundlagen zu zerstören)
darf nicht nur auf die Natur, sondern muss auch auf uns selbst
angewendet werden. Wir Menschen brauchen auf Grund unserer Entwicklungsgeschichte
eine einigermaßen stabile soziale Umgebung und klare Lebensrhythmen.
Tatsächlich aber findet derzeit lediglich ein Prozess statt,
der schon oft beobachtet werden konnte.Es wird versucht, menschliche
Arbeitskraft vollständig zu kontrollieren und beliebig einsetzbar
zu machen. Sie wird damit in ihrer Verwendbarkeit der maschinellen
Arbeit gleichgesetzt.Solche
Entwicklungen gilt es zu verhindern."
"Hire and
fire!" (Anheuern und feuern!) - so lautet heute die Devise.
Auf
dem IT - Sektor ist es heute üblich, sich per Computer
zu bewerben. Bei Bedarf wird man eingestellt und wenn man nicht
mehr gebraucht wird oder den Erwartungen nicht entspricht, erfolgt
das Feuern auf die gleiche Weise. Hier liegt das Phänomen
vor, das Prof. Gronemeyer mit "homo materia" bezeichnet hat.
110
oder 112 ? Rufe
mich an in der Not, so will ich dich erretten!
Call upon me in the day of
trouble: I will deliver thee.
Psalm
50, 15
Hinweis:
Für diesen Notruf ist weder ein Akku noch ein Handy
bzw. Smartphone mit Touchscreen notwendig. Die Verbindung
kann rund um die Uhr nach individuellem Bedürfnis
und weltweit zum Nulltarif erfolgen! Wer mehr über
die Effizienz dieser Art der Kommunikation, dem Gespräch
mit Gott, erfahren will, findet im weltweiten Wort (WWW),
der Bibel, Berichte von Menschen früherer Zeit,
die mit Gott in Verbindung traten. Einziger Nachteil
bei dieser Konnektion: Es fehlen Fotos und iTunes.
Sicherheit
- security - sécurité
/ Versicherung - assurance - assurance
Sicherheit
wird heute großgeschrieben, gerade auch im Bereich des Internets,
bei dem Virenschutzprogramme und Firewalls für die notwendige
Sicherheit (Internet Security) sorgen. Wie wichtig uns die Sicherheit
ist, stellen wir fest, wenn wir uns die vielen Wörter aus
dem alltäglichen Leben vor Augen führen, in denen das
Wort "sicher" steckt:
-Sicherung
/ Sicherungskopie / Sicherungsverwahrung
-Zusicherung
-Absicherung
-Versicherung
-Flugsicherung
-Datensicherung
-Sicherstellung
-Glaubenssicherheit
-Rechtschreibsicherheit
-Rechtssicherheit
-Verkehrssicherheit
-sicherheitsbedürftig
-sicherheitshalber
-sicherlich
sicher < > unsicher
todsicher = sicher wie der
Tod
Schließlich
spricht man noch von "innerer" und "äußerer"
Sicherheit. Und beim Marketing der Geschäftswelt wird
im Zusammenhang mit der Absatzsteigerung der Waren heutzutage
das Verb "sichern" extrem oft gebraucht: "Sichern
Sie sich ..." Im Anschluss an diesen Satzanfang wird
dann die jeweils versprochene Prämie genannt.
Mit all diesen
Begriffen -bis auf einen- sind wir bestens vertraut. Wir gebrauchen
sie selber und hören und lesen sie ständig in den Medien.
Wir wissen allerdings auch -selbst, wenn wir es nicht zugeben
wollen-, dass es auf unserer Erde keine
absolute Sicherheit gibt, auch wenn wir sie immer wieder
anstreben. Schon Erich Kästner
sagte: "Leben ist immer lebensgefährlich."
Für Kraftfahrzeuge gibt es heute Navigationssysteme,
die auch zu 99 % sicher sind, wenn sie zuverlässig aktualisiert
werden. Aber ein Restrisiko bleibt, sonst wäre nicht vor
einiger Zeit im Raum Berlin ein Autofahrer samt Beifahrerin in
die Havel gefahren. Nach
Angaben der Wasserschutzpolizei hatte das Navigationssystem die
Fähre bei Potsdam nicht eingespeichert und statt dessen eine
Brücke ausgewiesen. Gott sei Dank ist den beiden Personen
bei der Geradeausfahrt ins Wasser nichts passiert. Der Fahrer
des Wagens hatte sich dummerweise hundertprozentig auf die Technik
verlassen.- Auch bei Operationen gibt es keine absolute Sicherheit
hinsichtlich des Erfolgs. Der Patient wird vor dem Eingriff vom
Arzt auf mögliche Risiken hingewiesen und muss die Belehrung
zwecks rechtlicher Absicherung unterschreiben.- Oder wenn ein
Schüler das 5. Schuljahr des Gymnasiums besucht, ist es noch
nicht sicher, dass er das Abitur schafft.- Ein junger Mann, der
ein Unternehmen gründet, ist auch nicht sicher, ob er erfolgreich
sein wird oder in der Insolvenz landet.- Wo es erst recht nicht
sicher zugeht -und das wissen alle Benutzer (neudeutsch, sg: User)-
ist der Computer- bzw. Internetbereich. Hier ist keiner sicher:
nicht vor "Abstürzen", nicht vor Hackern und auch nicht vor
Viren. Und um noch ein Beispiel zu nennen: Eltern sind oft beruhigt,
wenn ihre Sprösslinge z.B. während einer Disco-Fahrt
von unterwegs anrufen, um ein Lebenszeichen zu geben. Aber selbst
hierbei ist noch nicht sicher, dass sie auch gesund zurückkehren;
denn schon wenige Sekunden nach dem Anruf kann sich ein Unfall
ereignen. Die Liste der Unsicherheiten ließe sich noch bis
ins Unendliche fortführen. Weil dem so ist, versuchen wir
uns durch alle möglichen Versicherungen abzusichern, in der
Informationstechnologie eben durch Datensicherung.
Nun, um auf den Anfang zurückzukommen,
der eine nicht so vertraute Begriff ist der der Glaubenssicherheit.
Er bringt uns vordergründig gesehen nichts, weshalb er im
Sprachgebrauch auch nicht so oft vorkommt.
Joachim
Ringelnatz (1883 - 1934): Sicher ist, dass nichts sicher
ist. Selbst das nicht.
Im
Alten Testament (2. Chronik 20, 20) lesen wir jedoch:
Glaubt
an den Herrn, euren Gott, so werdet ihr sicher
sein; und glaubt seinen Propheten, so werdet ihr Glück
haben.
Believe in the Lord your
God, so shall ye be established; believe his prophets,
so shall ye prosper.
In diesem
Zusammenhang möchte ich noch erwähnen, dass bei mir
das Hören der Abkürzung SMS immer eine Assoziation zu
der Notruf-Abkürzung SOS (Save
Our Souls)* hervorruft. Das Verb "save" ist
ja mit dem Adjektiv "safe" sprachverwandt und hat somit auch mit
"sicher(n)" zu tun. Denn, wenn man jemanden rettet, bringt man
ihn schließlich in Sicherheit. Also: Rette(t) [Sichere/Sichert]
unsere Seelen! Diesen Hilferuf kann man übrigens auch auf
Gott bezogen verstehen.
*
In einer pädagogischen
Fachzeitschrift stand ein Artikel des Bielefelder Soziologen Prof.
Klaus Hurrelmann, der SOS noch ergänzt. Die Überschrift
lautete: Seele in Not: Kindsein in Deutschland.
Hier eine seiner Thesen:
"Die Kinderzeit
wird immer kürzer, ... Wegen des schwierigen Arbeitsmarktes
beginnt für die meisten Eltern die Berufslaufbahn ihrer Kinder
mit dem Eintritt in die Grundschule. Überforderung und Entwicklungsdruck
entstehen deshalb schon bei Grundschulkindern."