TEMPI PASSATI
Die Realschule Katzenelnbogen in der Anfangszeit
Um
sich ein Bild von den damaligen Schulverhältnissen machen
zu können, ist ein ergänzender Textbeitrag unentbehrlich.
Zunächst muss gesagt werden, dass die baulichen Verhältnisse
im Gebäude auf dem Römerberg gegenüber heutigem
Standard äußerst bescheiden waren. Eine Turnhalle gab
es ebenso wenig wie eine Aula. Sportunterricht oder festliche
Veranstaltungen fanden in "Biehls Saal" statt, der noch
mit Holz und Kohle beheizt, besser gesagt temperiert wurde. Das
Lehrpersonal der Realschule bestand 1960 aus gerade einmal zwei
Lehrern. Die Ausstattung mit Lehrmaterial war dürftig. Für
den Chemie-Unterricht hatte jede(r) Schüler(in) ein Mini-Labor
in Form eines mit den notwendigsten Utensilien gefüllten
Schuhkartons für Schülerversuche in Partnerarbeit und
sogar einen weißen Kittel.
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Taschenrechner
waren noch unbekannt. Man arbeitete noch mit dem Rechenschieber.
An Computer, Videokameras, Smartphones, Beamer und Whiteboards dachte
noch keiner. Das Wort "video" war allenfalls den Lateinern
als "ich sehe" geläufig. |
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Der
Rechenschieber (Rechenstab) "ARISTO SCHOLAR"
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Foto mit freundlicher
Genehmigung von GEOtec
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Die
Schulbücher mit ihren wenigen monotonen Schwarz-Weiß-Bildern
(Buntdruck hatte sich gerade erst angebahnt) waren nicht gerade
motivierend, aber sie hatten die heute oft fehlende Systematik.
Fortsetzungsgeschichten, Erzählkerne und Texte zum Leseverständnis
im Deutschunterricht waren unbekannt. Im Englischunterricht gab
es kein Listening- und Reading-Comprehension. Was aber sowohl im
Deutsch- als auch im Englischunterricht gepflegt wurde, war die
heute wegen mangelnder Eigenkreativität verpönte Nacherzählung
(Retold). Bei ihr wurde aber immerhin das Gedächtnis trainiert.
In den Englischbüchern fand sich am Ende jeder Lektion ein
Übersetzungstext vom Deutschen ins Englische (Translation).
Rechtschreibschwächen gab es nur in Einzelfällen, weil
im Deutschunterricht wie auch im Fach Englisch genügend Diktate
(Dictations) mit orthographisch nicht gerade einfachen Texten geschrieben
wurden. Lehrpläne (Curricula) und Schulbücher wechselten
nicht ständig; es ging kontinuierlicher zu.
Der Schulalltag war grau, was angeblich auch heute noch gelegentlich
an Schulen vorkommen soll. Er begann morgens mit dem Aufstellen
("Antreten") auf dem Schulhof. Dabei achtete vor allem
unser erster Klassenlehrer sehr darauf, dass alle genau ausgerichtet
dastanden. Alles Gerede und jede Albernheit hatte nun ein Ende.
Man sollte sich auf den beginnenden Unterricht konzentrieren. Eine
kleine Gruppe von Schülern, zu denen auch ich gehörte,
war nicht immer früh genug zum Aufstellen anwesend. Wir hörten
die Schulklingel schon, als wir noch im sog. Oale (Fußweg
zwischen Obertalstraße und Römerberg, siehe Foto) waren.
Um einer Strafarbeit zu entgehen, hielten wir uns hinter dem Trafo-Häuschen
versteckt, bis alle anderen ins Schulgebäude marschiert waren.
Dann flitzten wir in geduckter Haltung an der Außenwand der
Schule entlang zur Schultür, die bis zum Bau der Stadthalle
weiter hinten war, und mischten uns -meist unbemerkt- unter das
Gedränge der noch im Flur und Treppenhaus befindlichen Mitschüler.
Das Abenteuer war gelungen. |
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De
Oale (Katzenelnbogener Dialekt)
Beim "Oale" handelt es sich um die abkürzende
Verbindung zwischen Römerberg und Obertalstraße.
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Englisch, Biologie
und Erdkunde
Nach Gebet
und Verlesen der Tageslosung begann unser Klassenlehrer, bei dem
wir auch Biologie und Erdkunde hatten, seinen ritualisierten Englischunterricht
mit den Worten "Good morning, boys and girls!", worauf
wir entgegnen mussten "Good morning, Sir". Nach dem "Sit
down, please!" folgte die obligatorische Frage "Who is
absent today?". Anschließend hörte man die Aufforderung
"Open your books on page..., please!" Der eigentliche
Unterricht konnte beginnen. Eine für ihn wichtige Frage bezüglich
des Schülerverhaltens war die manchmal peinliche Frage "What
are you laughing at?", die nicht selten eine häusliche
Zusatzaufgabe zur Folge hatte. Aber Sonderaufgaben gab es auch in
anderen Zusammenhängen. Ich erinnere mich noch gut an eine
solche mit der Überschrift "Mit dem Hute in der Hand kommt
man durch das ganze Land". Grund dafür war die Tatsache,
dass ich nicht gegrüßt hatte. Eine Klassenkameradin erzählte
mir noch kürzlich, dass sie vom damaligen ersten Schulleiter
am nächsten Tag in der Schule darauf angesprochen wurde, dass
sie ihn am Vortag zwar freundlich gegrüßt hätte,
aber mit Händen in der Manteltasche, was nicht korrekt sei.
Im Biologie- wie auch im Erdkundeunterricht sorgte unser Klassenlehrer
immer dreifach für Anschaulichkeit, nämlich durch Wort,
Gestik und FWU-Medien (Dias und Unterrichtsfilme des "Institut
für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht"). |
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FWU
Institut für Film und Bild in Wissenschaft
und Unterricht
Das alte FWU - Logo
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Das
FWU produzierte früher Dia-Reihen und Filme, stellte aber auch
Schallplatten und Tonbänder zur Verfügung, die von den
Landes-, Kreis- und Stadtbildstellen für jeweils 1 - 2 Wochen
ausgeliehen werden konnten. Die verfügbaren Medien waren in
dem jährlich erscheinenden Katalog "Film - Bild - Ton"
nach Fächern aufgelistet. In den 50-er bis 70-er Jahren des
vergangenen Jahrhunderts waren die Filme des FWU eine Art Kino in
der Schule, die den ansonsten oft trocken verlaufenden Unterricht
nachhaltig belebten. Die Schüler waren wie gierig nach solchen
Vorführungen, die im verdunkelten Raum stattfanden, was die
Assoziation mit dem Kino noch verstärkte. Hin und wieder kam
es vor, dass ein Film riss, was die Freude etwas trübte. Waren
es in den 50-er Jahren noch vorwiegend schwarz-weiße Filme
(teilweise nur Stummfilme) kamen aber bald Farbproduktionen hinzu.
Den größten Umfang (audio)visueller Medien gab es im
Grundschulbereich für den Sachunterricht und im Sekundarbereich
für die Fächer Biologie, Erdkunde und Geschichte. In der
Grundschule besonders beliebte Filme waren "Quick, das Eichhörnchen"
(1951) und die farbigen Pamfi-Stummfilme zur Verkehrserziehung,
die das FWU in Zusammenarbeit mit der Deutschen Verkehrswacht produzierte.
Heute besteht das Angebot des FWU in DVDs und [interaktiven] Online-Medien. |
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Fotos mit freundlicher
Genehmigung von FWU
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Original-Filmrolle
in Plastikbox
mit vierminütigem Pamfi-Film
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Bei
der Vorführung der 16 mm-Filme war während des Abspielens
stets das charakteristische Geräusch "drdrdrdrdrdrdr"
zu hören. Das nahm man aber gerne in Kauf, wenn die Schule
zum Kino wurde.
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Pamfi
will über die Straße
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Pamfi
an der Druckknopf-Ampel
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Bei
der Jagd nach einem Schmetterling kommt Pamfi an eine Landstraße.
Der Fahrtwind des Autos reißt Pamfi zweimal den Hut vom Kopf.
Dann hält er seinen Hut fest und schaut ständig nach hinten,
um zu sehen, ob sich ein Fahrzeug nähert. Schließlich
merkt er, dass er auf der falschen Straßenseite geht. Lernziel:
Links gehen, Gefahr sehen |
Die
alle um 1970 entstandenen 16 mm-Pamfi-Farbfilme des FWU mit
einer durchschnittlichen Länge von vier Minuten begeisterten
die damaligen Grundschulkinder (1. und 2. Schuljahr) nicht nur,
sie motivierten sie auch auf amüsante Weise, verkehrssicheres
Verhalten zu erlernen und das dank der ansprechenden Trickfigur
namens Pamfi. Heute würde man von kindgemäßem Infotainment
sprechen. Im Jahr 2000 erschienen die Filme noch einmal auf VHS-Cassetten.
Als Begleitmaterial zu den Filmen gab es in Zusammenarbeit mit dem
FWU eine von den Sparkassen und der Deutschen Verkehrswacht herausgegebene
"Arbeitsmappe für den Verkehrsunterricht in der Grundschule",
bei der jeweils auf der linken Seite ein Lückentext zu der
auf der rechten Seite bildlich dargestellten Verkehrssituation zum
Ausfüllen abgedruckt war sowie eine Sprachübung wie z.B.
das Zusammensetzen von Wörtern oder das Zuordnen von Bild und
Wort. Die Verkehrssituationen waren zur weiteren Motivation und
gleichzeitigen Vertiefung des Erlernten bewusst nur als Umriss-Zeichnungen
zu sehen, damit die Kinder diese noch mit Buntstiften ausmalen konnten.
Bilder aus dieser Arbeitsmappe für den Verkehrsunterricht in
der Grundschule nach der Film-Serie des FWU:
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Szene
aus "Pamfi will über die Straße"
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Bei
dem Film "Pamfi will über die Straße"
versucht Pamfi zunächst vergeblich eine vielbefahrene
Straße zu überqueren, um zu einem Eisverkäufer
auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu kommen.
Erst nachdem er gegen das Verkehrsschild mit dem Zebrastreifen
gelaufen ist, kommt ihm die Erleuchtung, dass er am Zebrastreifen
ungefährdet die Fahrbahn überqueren kann. |
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Szene
aus "Pamfi schaut nach links und rechts"
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Bei
dem Film "Pamfi schaut nach links und rechts" wird
Pamfi von beiden Verkehrsströmen in der Mitte der Fahrbahn
eingeschlossen und bekommt es mit der Angst zu tun. Er sieht
einen kleinen Jungen in gleicher Situation, der in Ruhe den
fließenden Verkehr beobachtet. Der Junge nutzt jeweils
eine Verkehrslücke auf einer Fahrbahnseite aus und kann
so den gegenüberliegenden Gehweg erreichen. Pamfi hat
dabei gelernt, dass er zunächst den von links kommenden
Verkehr und bei Erreichen der Fahrbahnmitte die von rechts
kommenden Fahrzeuge beobachten muss. |
Die Titel
der Filme:
- Pamfi will über die Straße
- Pamfi schaut nach links und rechts
- Pamfi
an der Druckknopfampel
- Pamfi am Zebrastreifen
- Pamfi auf der Landstraße
- Pamfi passt nicht auf (Pamfi lässt sich durch ein Zirkusplakat
ablenken und prallt mit Passanten zusammen.)
- Pamfi und die Schülerlotsen
Da es sich bei allen Filmen um Stummfilme handelte, wurde die jeweilige
Gefahrensituation im Film durch Abdunkelung für den Betrachter
kenntlich gemacht. Wenn Pamfi die Erleuchtung kam, wuchs ihm auf
seinem Hut eine große Blume.
Sämtliche Pamfi-Filme stammen von dem talentierten Zeichentrickfilmer
Friedrich Streich,
der 1934 in Zürich geboren wurde und 2014 in München gestorben
ist. Er hatte eine Ausbildung zum Dramaturgen und Regisseur und
arbeitete zunächst als Schauspieler sowie als Karikaturist
für verschiedene Zeitungen, ehe er sich ganz der Zeichentrickproduktion
zuwandte. Besonders bekannt wurde er durch die Trickfilme für
die Sendung mit der Maus, deren Bewegungen durch besondere
Geräusche akustisch treffend untermalt wurden. Der Maus fügte
er später noch einen kleinen blauen Elefanten und eine gelbe
Ente hinzu.
P.S.: Am 4.12.2019 hat der amtierende Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier der Maus einen "Mausverdienstorden",
den es eigentlich nicht gibt, verliehen, um ihr damit zu danken,
dass sie über Jahrzehnte (seit 1971) unzählige Fragen
von Kindern und Jugendlichen beantwortet hat. Er verrät zudem,
dass Elefanten seine Lieblingstiere seien, besonders die kleinen
blauen. Zeitgleich erhielt der Moderator der Sendung mit der Maus,
Ralph Caspers, den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. |
Alle
im Unterricht vorkommenden Fremdwörter -insbesondere die
aus der lateinischen oder griechischen Sprache stammenden- wurden
intensiv auf ihre deutsche Bedeutung hin analysiert, z.B. das
griechische Wort "Gymnosperme" (gymnós = nackt,
spérma = Same) botanischer Begriff für die Nacktsamer.
An seinen bereitgestellten Anschauungsobjekten mussten wir vorbei"defilieren".
Vom Metzger bereitgestellte Ochsenaugen wurden "seziert".
Die von ihm sehr geschätzten Skizzen, Umriss-Stempel
und die aus dem Erdkundebuch abzuzeichnenden Blockbilder
(z.B. Landschaftsquerschnitte) wurden "koloriert".
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Westermanns
Umriss-Stempel
Westermann-Umrisse 32 0215: Europa, 1:30 Mill.
Westermann-Umrisse 19901: Die Erde, Äquatorial-Maßstab
1:175 000 000
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Foto mit freundlicher
Genehmigung des Schulbuchverlags Westermann
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Namen von Mitschülern wurden latinisiert. Aus Karl-Heinz wurde
beispielsweise Carolus Henricus. Im Biologie-Unterricht widmete
er sich leidenschaftlich der Hydrokultur. Die Funktion des Herzmuskels
versuchte er durch entsprechende Gestik und den Unterrichtsfilm
"Das Klappenspiel des Ochsenherzens" darzustellen, was
bei uns Schülern -für ihn unverständlich- nur Gekicher
auslöste. Die störenden Schüler wurden dann zumindest
durch den schrillen Zuruf "He, was fällt dir denn ein?"
in ihrem Spaß gestört. Eine Inhaltsangabe zum Thema des
Films bescherte mir die Vorführung des Streifens "Bei
den Torfstechern im Teufelsmoor". Schuld an meiner Verhaltensauffälligkeit
war aber nicht der Film als solcher, sondern nur das extrem schnelle
Tempo (Zeitraffer), mit dem er vorgeführt wurde. Unser Klassenlehrer
hatte seinem lateinischen Leitspruch "repetitio est mater studiorum"
[Wiederholung ist die Mutter der Studien] treu bleibend wieder einmal
so viel Zeit für die Wiederholung des Stoffes der vorhergegangenen
Unterrichtsstunde benötigt, dass für die audiovisuelle
Vertiefung nur noch wenige Minuten zur Verfügung standen. Den
Zeitverlust verstand er aber geschickt zu kompensieren, indem eben
der Film in rasantem Tempo vorgeführt wurde. Reichte die höchste
Geschwindigkeit nicht aus, gab es ja noch die Pause, die -wie auch
beim Diktat seitenlanger Merktexte- den erwünschten Ausgleich
brachte. An die große Zeit der bequemen Hektographie mittels
Matrize oder später der Fotokopie dachte man noch nicht. Einige
Standardwörter, die den deutschsprachigen Unterricht bei ihm
kennzeichneten, waren "papperlapapp" (wenn etwas falsch
war) und "Ach, du liebe Zeit". Die spannendsten Stunden
mit dem größten Nervenkitzel waren die Erdkunde- und
Biologiestunden in den Wochen vor der Zeugnisausgabe; denn sie galten
der Generalwiederholung, deren krönender Abschluss eine gesalzene
Wiederholungsarbeit war, die den Stoff des ganzen Schuljahres umfasste
und auf die wir uns zwei, drei Wochen lang tüchtig vorbereiteten.
Der große Tag kam, die Arbeit wurde unter Aufbietung aller
geistigen Kräfte geschrieben, doch ihre Rückgabe ließ
auf sich warten. Es folgten viele Tage der inneren Unruhe, bis dann
irgendwann das mit Spannung erwartete Ergebnis bekanntgegeben wurde.
"So einen Quark habe ich noch nicht gesehen", war der
entrüstete Lehrerkommentar. Fielen Arbeiten gar zu schlecht
aus, verzögerte sich die Rückgabe immer mehr, bis sie
eines Tages ganz in Vergessenheit geraten waren. Aber die gewünschte
Wirkung -nämlich das häusliche Wiederholen- war voll erreicht. |
Chemie,
Mathematik, Physik - HARD TIMES (in Anlehnung an
Charles Dickens)
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Nach Englisch,
Erdkunde und Biologie nun einen Blick in den mathematisch-naturwissenschaftlichen
Bereich. Um diesen Bereich anschaulich schildern zu können,
ist nur die Vergegenwärtigung eines Wochentags, nämlich
des Donnerstags notwendig, der vor allem für die auf diesem
Gebiet nicht so Begabten ein Tag des Grauens war. An jenem Wochentag
hatten wir -stundenplanmäßig wenig sinnvoll- zwei
Stunden Physik, zwei Stunden Mathematik und eine Stunde Chemie
hintereinander mit unserem Mathematiklehrer. Der Tag musste
nicht per se grausam werden; aber überwiegend war er leider
so. Schon beim Antreten auf dem Schulhof kurz vor Unterrichtsbeginn
konnten wir seine Tageslaune ablesen. Man tuschelte sich noch
zu "Bestimmt hatte er daheim wieder Ärger!",
und schon ging's hinein ins Schulgebäude. Wir waren bereits
im Chemie-/Physikraum, als unser Mathematiklehrer -das obligatorische
Taschentuch vor der Nase haltend (vermutlich wegen eines allergischen
Schnupfens)- zackig die Tür öffnete und wieder schloss.
Schon flog die auffallend dünne Mappe, die er bei sich
trug, in hohem Bogen meterweit auf das Pult. Nach einem sehr
knappen "Guten Morgen!" [hoffentlich wurde es einer]
und "Setzen!" nahmen wir in Erwartung dessen, was
kommen sollte, mit schlotternden Knien Platz. Fünfmal fünfundvierzig
Minuten standen bevor - und die konnten lang werden! Zunächst
wurde der aufgegebene Physikstoff abgefragt. Meist wurden zwei,
drei Kandidaten gleichzeitig mündlich geprüft. Wusste
der eine etwas nicht, war der zweite, ggf. der dritte an der
Reihe. Kritisch wurde es, wenn alle drei nicht den Anforderungen
genügten. Dann hieß es: "Setzen, fünf!"
Andere wurden examiniert. Die ganze Klasse stand unter Hochspannung,
bis ein(e) Schüler(in) in der Lage war, die erwartete Antwort
zu geben. Dann war die Situation gerettet. Gelang dies aber
nicht, stand uns nach einigen physikalischen Versuchen und dem
Aufschreiben eines Merktextes noch ein impulsiver Mathematikunterricht
bevor. Er begann natürlich wieder mit mündlichen Prüfungen.
Konnte einer den Merksatz der Mathematikstunde vom Vortag nicht
herunterschnurren, dann hatte er zur Einprägung das Vergnügen,
ihn nachmittags etliche Male schreiben zu dürfen. Wurde
es diesem Lehrer zu bunt, schrieben wir spontan eine Mathematikarbeit,
die oft noch am gleichen Vormittag von ihm nachgesehen wurde.
Es hieß nur: "Hefte raus und Mappen hoch (um das
Abschreiben zu verhindern)!", und schon nach kurzer Zeit
standen Aufgaben an der Tafel, die wir zu rechnen hatten. Beim
Anfertigen geometrischer Zeichnungen wie auch bei anderen schriftlichen
Aufgaben legte er gesteigerten Wert auf "vernünftige"
Lineale, waren sie nicht seinen Vorstellungen entsprechend,
flogen sie aus dem Fenster. In der zweiten Mathematikstunde
sah er bereits die inzwischen abgelieferten Hefte nach, während
wir mit einer anspruchsvollen Stillarbeit beschäftigt waren,
die jedoch nicht immer still verlief, da sie hin und wieder
durch verbale Randbemerkungen zu unseren abgegebenen Arbeiten
unterbrochen wurde. Am Ende der zweiten Mathematikstunde erfuhren
wir unsre "guten" Zensuren, und die Hausaufgabe war
die Berichtigung, häufiger wahrscheinlich die Abschrift.
In der fünften Stunde -der Chemiestunde- war dann das meiste
Pulver verschossen. Der Blutdruck sank bei allen Beteiligten.
Die sechste Stunde -bei mir Französisch- diente schließlich
der völligen Entspannung.
Auch im Sportunterricht,
den wir beim gleichen Lehrer hatten, wurden große Leistungen
erwartet, sei es im Geräteturnen (damals noch in "Biehls
Saal"), in Leichtathletik (auf dem Sportplatz am Marktplatz)
oder im Schwimmen, das damals noch kein Breitensport wie heute
war. Insofern standen auch viele von uns damaligen Schülern
dem Wasser, das bekanntlich keine Balken hat, skeptisch gegenüber.
Aber bei unserem Sportlehrer hatten in ziemlich kurzer Zeit
die meisten das Schwimmen gelernt, wenn auch jegliche Motivation
dazu fehlte. Ins Wasser zu springen wagten schließlich
auch etliche und die, die sich noch nicht so recht trauten,
wurden gesprungen, wenn Sie wissen, was damit gemeint ist*.
So waren bald die meisten zumindest im Besitz eines Freischwimmerzeugnisses
*Vom Verb "springen" gibt es grammatikalisch
gesehen keine Passiv-Form.
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Deutsch,
Geschichte und Sozialkunde
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Nachdem wir
nun von zwei Lehrkräften der Anfangszeit gehört haben,
soll nun auch der dritte Lehrer, nämlich der für Deutsch,
Geschichte und Sozialkunde nicht vergessen werden, der sich aber
gelegentlich auch auf musikalischem Feld betätigte. Sein Standardausdruck
nach der morgendlichen Begrüßung war "Platzen!"
(statt "Setzt euch!"). Sein Steckenpferd im Deutschunterricht
waren Aufsätze, insbesondere die Erörterung (Argumentation).
Wie eminent wichtig er Aufsätze nahm, zeigte sich vor allem
an den ellenlangen rot geschriebenen Kommentaren, die unter allen
Aufsätzen standen, um die Note zu begründen. Im Geschichtsunterricht
machte er immer große Ausführungen; mit Akribie erklärte
er die Hintergründe und unterschied bei historischen Ereignissen
sehr genau zwischen Anlässen, Ursachen und Gründen. Diese
Differenzierung fiel uns bei Geschichtsarbeiten besonders schwer.
Nicht alle waren von dem, was er vorn hingebungsvoll von sich gab,
fasziniert. Manche interessierten andere Dinge. So entsinne ich
mich beispielsweise daran, dass einmal an seiner Jacke zwei Knöpfe
verschiedenfarbig angenäht waren. Das war für einige eine
willkommene Ablenkung. Zwei Mädchen machten sich mit der flüsternden
Bemerkung "Mal sehen, wie lange er es aushält!" aus,
dass das erste lange auf den einen, das zweite auf den anderen Knopf
starren sollte, um den Pädagogen in Verlegenheit zu bringen.
Aber eisern wie er war, zeigte er keine Regung, und die beiden Schülerinnen
hatten sich vergeblich auf eine Explosion gefreut. Die Jungen vertrieben
sich bei ihm gelegentlich die Zeit mit dem Zählen des von ihm
so oft gebrauchten "Nun!" (u als kurzer Vokal). Es wurden
Strichlisten geführt, und einmal ist dieses Wörtchen in
einer Unterrichtsstunde wohl an die fünfzigmal gefallen. Nicht
immer blieben wir bei solchen Aktionen geistiger Abwesenheit unertappt.
Wurde ein Desinteressierter erwischt, gab es ein Kopfnüsschen
oder ein Stundenprotokoll zur Belohnung. |
Er war - seiner
körperlichen Konstitution entsprechend- im Allgemeinen ein
ruhiger Vertreter, der oft sinnierend aus dem Fenster schaute, aber
dabei gleichzeitig unterrichtete. Als Leiter des Posaunenchores
der Kirchengemeinde Klingelbach interessierte er sich natürlich
stark für kirchliche Fragen, weshalb er beim Betreten eines
Katzenelnbogner Lokals einmal von einem furchtlosen Mitschüler
in ironischer Weise mit "Herr Pfarrer" angeredet wurde.
Der Jugendliche war offenbar weitsichtig, denn der Schulleiter verließ
einige Zeit später die Schule, um in Darmstadt Oberkirchenrat
zu werden. In der Adventszeit fragte er in seiner Klasse, welche
Advents- und Weihnachtslieder die Schüler kennen würden.
Rolf murmelte seinem Nachbarn zu: "Mein Hut der hat drei Ecken".
Da der Rektor diese Äußerung mitbekommen hatte, gab es
ein gewaltiges Donnerwetter hinsichtlich dieses blasphemischen Scherzes
und das geplante für die Eltern gedachte Krippenspiel in Biehls
Saal wurde kurzerhand abgesagt.
Ein anderes Mal waren nur die Mädchen der ersten an dieser
Realschule bestehenden Klasse in ihrem Klassenraum. Aus Übermut
hielten sie mit Hilfe einer aus mehreren Mädchen gebildeten
Kette den vermeintlich draußen befindlichen Jungen die Klassenzimmertür
von innen zu. An der äußeren Türklinke wurde geruckt
und gezerrt. Aber auf einmal ließ das Rucken nach. Nur noch
einmal zog einer am Drücker und die Schülerin Irmtraud
rief: "Ihr könnt noch lange ziehen, ihr Arschlöcher!"
Da das Zerren an der Tür plötzlich aufgehört hatte
und es draußen verdächtig still wurde, meinte Irmtraud:
"Die werden doch nicht den Rektor holen!" Zaghaft öffnete
sie die Tür einen Spaltbreit. Und wer stand vor ihr? Nicht
die Jungen, sondern der Schulleiter. Es folgten mehrere Entschuldigungen
ihrerseits und der Rektor riet ihr, sich in Zukunft vorher zu vergewissern,
wer vor der Tür sei. Das Ganze war also noch glimpflich ausgegangen. |
Klassenfahrten
- Erlebnisse besonderer Art
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Klassenfahrt nach
Frankfurt um 1960
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Besichtigung
der Saalburg bei Bad Homburg
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Im
Frankfurter Zoo unter Anleitung von Lehrer Karlheinz Scholl
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Auf
dem damals noch bescheidenen Frankfurter Flughafen
mit dem Schild "Rasen nicht betreten"
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Von den Klassenfahrten,
die wir während der sechsjährigen Realschulzeit machten,
soll hier nur das Interessanteste dargestellt werden. Drei Fahrten
werden in ewiger Erinnerung bleiben: die Fahrt Mainz - Worms
- Speyer, die erste Englandfahrt der Realschule Katzenelnbogen
und die Berlinfahrt.
Irgendwelchen Trouble
gab's bei solchen Exkursionen immer. Beginnen wir mit der erstgenannten
Fahrt.
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Ostchor
des Mainzer Doms St. Martin
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Wir befanden uns im
Bus, waren kurz vor unserem ersten Reiseziel "Mainz",
und es ging recht lebhaft zu, was dem begleitenden Lehrpersonal
nicht so gut gefiel. Plötzlich wurde Rainer nach vorn gerufen.
Wir nahmen an, man wolle ihm etwas Besonderes sagen oder ihn etwas
fragen, aber es kam anders. Es ging "patsch-patsch",
und er durfte sich wieder hinten hinsetzen. Irmtraud fragte ihn
in echtem Einricher Dialekt: "Woas hosst de da ibberhaapt
gemoacht?" Rainers lapidare Antwort: "Waas ich's?"
Irmtraud: "Da deet ich's doch soo." Rainer daraufhin:
"Glaabst de, ich wellt noch aa geknallt hoo?" Offensichtlich
hatte man den Falschen erwischt. Aber wie dem auch sei, die Fahrt
ging weiter. Wir sahen uns die Sehenswürdigkeiten von Mainz
an und erreichten irgendwann Worms, wo wir in der Jugendherberge
übernachteten. Hier wurde unser Deutschlehrer einer Belastungsprobe
unterzogen. Einige Schüler hatten sich einen Spaß daraus
gemacht, heimlich die Ärmel seines Schlafanzugs zu verknoten,
und er hatte am späten Abend Mühe sie auseinanderzuknoten.
Nach der Besichtigung des Wormser Doms und anderer kultureller
Stätten führte uns die Reise nach Speyer, wo wir erneut
einen Dom bewundern durften. Von den vielen Eindrücken ermüdet,
teils aufgekratzt traten wir bald die Rückfahrt an, die vermutlich
auch nicht ohne Ausschreitungen verlief.
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Foto
der ersten zwei Realschulklassen vor der Wormser Jugendherberge
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30.
April 1964
Unter Führung von Bürgermeister und MdB Robert Stauch
(rechts im Bild)
besucht die erste 10. Klasse das Bonner Bundeshaus
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Englandfahrt
Die erste
Englandfahrt, die die Realschule Katzenelnbogen vom
20. 7. bis 30. 7. 1964 durchführte, war für uns
in mancherlei Hinsicht erlebnisreich, nicht nur kulturell. Nach
vier Tagen London-Aufenthalt kamen wir in Roade an, wo wir in
der Secondary School untergebracht waren. Da wir deutschen Schüler
bei den Engländern einen guten Eindruck hinterlassen sollten,
achteten die uns begleitenden Lehrer auf fast militärisch
strenge Disziplin und auf Höflichkeit. Irmtraud als Klassensprecherin
musste sich immer wieder formvollendet bei den Engländern
im Namen der Klasse bedanken, was sie "gerne" tat. Zum
Ritual gehörte auch der morgendliche Frühsport mit anschließendem
Duschen. Danach wurde gefrühstückt, um dann gut gestärkt
in geschlossener Formation Besichtigungen durchzuführen.
Einen freien Ausgang gab es nicht. Nach den "social evenings"
-gelegentlich unter Einbezug der kleinen Katzenelnbogener Flötengruppe-
war dann für alle Bettruhe angeordnet, und das Licht wurde
ausgeschaltet. Damit nun die Schüler nicht noch im Dunkeln
Unfug trieben, wurde der zuverlässige Deutschlehrer auf Patrouillengang
geschickt. Als guter Detektiv spähte er überall herum,
um zu kontrollieren, ob sich nicht doch noch irgendwo etwas regte
oder bewegte. Einmal hatte er Glück und entdeckte im Jungen-Schlafsaal
welche, die noch im Dunkeln mit Hilfe von Taschenlampen aktiv
waren. Einige hatten für "Notfälle" Dosenbier
unter den Betten versteckt gehalten. Diese "Asozialen"
wurden mit der Strafarbeit "Disziplin in der Gemeinschaft"
belohnt. An einem anderen Tag gab Klaus-Peter etwas von den Englischkenntnissen
unseres Deutschlehrers zum Besten. Lauthals gab er von sich: "Beim
Kaffee seet der immer "coffee black". Er hatte nicht
bemerkt, dass besagter Lehrer inzwischen den Raum betreten hatte.
Dieser war gerade guter Laune und meinte nur: "Gleich geht's
bei dir "peng black"." Man könnte noch manches
von dieser Reise erzählen, aber ich will mich mit dem Schildern
einer Situation im Kölner Bahnhof bei einem Zwischenaufenthalt
auf der Rückfahrt begnügen. Alle standen dicht gedrängt,
hungrig und durstig da und wollten einen Imbiss zu sich nehmen.
Rainer rief deutlich vernehmbar über die Theke rüber:
"Eine Heiße, bitte!" Prompt hatte er sie, und
zwar noch vor unserem Schulleiter, der über Rainers Impertinenz,
nicht dem Rektor den Vortritt zu lassen, empört war und dies
auch in Worten zum Ausdruck brachte.
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Übernachtung
in einer Londoner Jugendherberge
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Sightseeing-MUST
BE: Big Ben
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Buckingham
Palace
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Geburtshaus
Shakespeares in Stratford-upon-Avon
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8.
März 1965: Ausflug zur Zonengrenze
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Von der Abschlussfahrt nach Berlin ist uns noch ein Ereignis
in lebendiger Erinnerung, nämlich der Verlust zweier Schüler
im Frankfurter Hauptbahnhof.
Wir befanden uns schon alle auf der Rückfahrt von Frankfurt
nach Wiesbaden, als unsere Lehrer plötzlich feststellten,
dass zwei Schüler in Frankfurt geblieben sein mussten. Eine
große Panik setzte ein. Dieter und Wolfgang H., die beiden
Vermissten, waren in Frankfurt guten Glaubens gewesen, es handele
sich um den Wiesbadener Bahnhof, weshalb sie sich dort nach draußen
begeben hatten, um vor dem Bahnhof in den für uns bereitgestellten
Bus einzusteigen. Als sie draußen waren, bemerkten sie,
dass sie sich getäuscht hatten und eilten an den Bahnsteig
zurück, aber der Zug war bereits abgefahren. Weltgewandt
wie sie waren, nahmen sie den nächsten Zug nach Wiesbaden,
der einige Zeit später fuhr. Zufälligerweise waren Dieters
Eltern an diesem Tag im Wiesbadener Theater und konnten, nachdem
sie verständigt waren, die beiden mit nach Katzenelnbogen
nehmen. Dort angekommen machten sich die zwei gleich auf den Weg,
um sich noch zu später Stunde bei unserem Deutschlehrer für
ihr Zurückbleiben zu entschuldigen. Er soll nur erwidert
haben: "Das wird noch ein böses Ende nehmen." Ganz
unrecht hatte er nicht; das Ereignis kam einem mittleren Erdbeben
im Einrich gleich. Es folgten lange Verhöre in der Schule,
und das Thema wurde noch lange als Anknüpfungspunkt benutzt.
Eine kleinere eintägige Fahrt kommt mir gerade noch in den
Sinn - die Exkursion zum Kloster Eberbach. Der Führer des
Klosters hielt seinen Vortrag in einem wirklich monoton leiernden
Tonfall, was bei uns eine heitere Stimmung hervorrief, die sich
in Kichern äußerte. Diese Unbeherrschtheit gefiel unseren
Pädagogen absolut nicht. Konsequenz war eine Strafarbeit
über die Ernsthaftigkeit eines Klosterbesuchs.
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Wie
sehr sich die Zeiten im Vergleich zu den 60-er Jahren allgemein
und schulisch gesehen verändert haben, weiß jeder. Auf
die seinerzeit ausgesprochen autoritäre Erziehung folgte die
antiautoritäre Welle, die in der Zwischenzeit zumindest teilweise
wieder rückgängig gemacht wurde. Die Wahrheit liegt bekanntlich
in der Mitte. A.S. Neill (erster Schulleiter des engl. Internats
Summerhill), auf den sich die antiautoritären Erzieher beriefen,
hat selbst betont, dass Freiheit nicht mit Zügellosigkeit verwechselt
werden dürfe. Ohne ein gewisses Maß an Disziplin ist
Unterricht nicht möglich. Aber die Disziplinierungsmaßnahmen
und der Unterrichtsstil dürfen nicht in eine kontraproduktive
Furchtpädagogik umschlagen, bei der das Lernen nur mit ständigem
Druck und Drill vonstattengeht, weil in diesem Fall jegliche Motivation
etwas zu lernen auf der Strecke bleibt. Die 1959 gegründete
Realschule Katzenelnbogen musste sich in der Anfangszeit gegenüber
den umliegenden Realschulen profilieren, um dauerhaft bestehen zu
können. Das ist ihr auch gelungen. Aber die Freude am naturwissenschaftlichen
Unterricht (Mathematik, Physik, Chemie) und Sport ist durch die
Art und Weise wie der Unterricht ablief, nämlich mit ständiger
Angst etwas falsch zu machen und entsprechend bestraft bzw. benotet
zu werden, bei den meisten Schülern dauerhaft verloren gegangen.
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Abschlussfeier 1965
in "Bremsersch Sälche"
im damals noch stehenden Hotel
Bremser
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1.
Reihe: ORR Blum, RPr Dr.Schmitt, Landrat Reinhard, Bgm. Stauch,
Rektor Göbler
2. Reihe: Rektor Thauer und die Pfarrer
Original-Handschrift Günter Göbler
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1.
Reihe: Oberregierungsrat Blum, Regierungspräsident Schmitt,
Landrat Reinhard
2. Reihe: Pfarrer Bamberger (ev.), Pfarrer Künkel (ev.) und
Pfarrer Hannappel (kath.)
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Der
Vortrag des Schulchores unter der Leitung von Herrn Göbler
(am linken Bildrand seine dirigierende Hand)
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Den
Vorstellungen Herrn Göblers entsprechend, der ja kirchlich
engagiert war,
sang der Chor die anspruchsvolle Choralmotette
"Lobe den Herren" von Hugo Distler
Damals war es nichts Außergewöhnliches, dass bei
schulischen Feierlichkeiten geistliche Werke vorgetragen wurden,
was heute wohl kaum noch vorkommt.
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Bei Charpentier und
J. Neander erklingt sofort automatisch Musik !
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Die
Flötengruppe der Quinta
Beate Römer, Sabine von Richter, Ute Diehl, Ute Weis
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Zeugnisausgabe
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Irmtraud
Groß
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Rolf
Meyer
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Heidrun
Roßwurm
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Die
Prominenz beim Plausch nach der Feier
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Zum
Abschluss gemütliches Beisammensein im Jagdzimmer des Hotels
Bremser
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Das
Lehrerkollegium im Jahr 1965
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Aus meinem Heimatkundeheft
1958/59
Das frühere
Fach "Heimatkunde", das sich ohne spezielles Schulbuch
hauptsächlich auf die Geografie und Natur der heimatlichen
Region beschränkte, wurde Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts
durch den propädeutischen, also vorwissenschaftlichen "Sachunterricht"
ersetzt, wobei zeitgleich eine Fülle neuer Sachunterrichtsbücher
herausgegeben wurden. An der Schule, an der ich 1971 meinen Dienst
antrat, verwendeten wir das vom Format her handliche "Arbeitsbuch
für den Sachunterricht in der Grundschule" (mit zugehörigem
Arbeitsheft) des Diesterweg-Verlags, ein aus meiner Sicht ausgezeichnetes
Lehrwerk zeitlosen Charakters, das heute noch verwendet werden könnte.
Beim neu ins Leben gerufenen Sachunterricht wurden jetzt in kindgemäßer
Weise alle möglichen Sachthemen mit vielen Experimenten aufgegriffen,
die der Vorbereitung der Sekundarstufen-Fächer (Biologie, Chemie,
Erdkunde, Geschichte/Sozialkunde und Physik) dienten. Neben den
bisherigen Themen zur Pflanzen- und Tierkunde wurden nun auch Themen
wie Wind und Wetter / Thermometer, Sonne und Mond, gute und schlechte
Wärmeleiter, spezifisches Gewicht, menschlicher Körper
und Sexualkunde, Magnetismus und Stromkreis, Verkehrserziehung behandelt.
Insgesamt gesehen waren es vier große Teilbereiche, die nach
der sog. Spiraltheorie vom 2. - 4. Schuljahr schwierigkeitsmäßig
gestaffelt wiederkehrten: biologischer Bereich, geografischer Bereich,
geschichtlich-sozialkundlicher Bereich und physikalisch-technischer
Bereich. |
Arbeitsbuch für
den Sachunterricht in der Grundschule
Aus meinem Erdkunde-Heft 6. Schuljahr (1962)
Erdkunde-Unterricht bis ca. 1970
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Prinzip
vom Nahen zum Fernen
5. Schuljahr: Deutschland
6. Schuljahr: Europa
7. Schuljahr: Afrika, Atlantik, Amerika
8. Schuljahr: Asien, Australien, Ozeanien und Polargebiete
9./10. Schuljahr: Bevölkerung, Wirtschaft, Handel und Verkehr
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Erdkunde-Unterricht
ab 1970
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Gleich
im 5. Schuljahr globale Vorgehensweise,
die damit begründet wurde, dass durch vermehrte Mobilität
und Urlaubsreisen sowie durch das Fernsehen das räumlich Nähe
nicht mehr unbedingt das psychologisch Nahe sein muss
Rahmenthemen waren Kartografie (bereits ausgehend von ersten Weltraumaufnahmen),
Am Meer, Im Hochgebirge, Kältegebiete und Trockenräume
der Erde, Urwaldgebiete, Bodenschätze, Ballungsräume |
Neben vielen
zur Vertiefung des Unterrichtsstoffes anzufertigenden Skizzen wurde
damals besonderer Wert auf topografisches Wissen gelegt. Zu jedem
Land, das neu behandelt wurde, erfolgte nach dem Schema <Städte,
Flüsse, höchste Erhebungen, Bodenschätze> eine
entsprechende Auflistung. |
Aus meinem Erdkundeheft 7. Schuljahr (1963)
Eine Seite aus meinem Biologie-Heft
Damals wurden noch
Hefte in handlichem DIN-A5-Format verwendet!
Auch die meisten Schulbücher waren in
diesem Format gedruckt.
Copyright
© Wolfgang Jakupka
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