Advents- und Weihnachtszeit
in Katzenelnbogen um 1960 und früher
Der reanimierte Nikolaus
Wenn man
älter wird, entsinnt man sich gern vergangener Zeiten. So
ging es mir bei der Wiederentdeckung eines aus einer Sperrholzplatte
gefertigten Nikolauses, der Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre
des vergangenen Jahrhunderts in der Vorweihnachtszeit die Außenwand
unseres Hauses zierte. Er war im rechten Winkel zwischen zwei
Holzleisten geklemmt zur Wand angebracht und vor ihm war noch
eine elektrische Kerze montiert, zu der das Stromkabel führte.
Wie hier der Nikolaus an der Fassade der Metzgerei Pfeifer, so
hatten auch andere Geschäftsleute die Hauswand mit weihnachtlich-märchenhaften
Einzelfiguren dekoriert. Im Vorgarten (heute gepflastert) des
Geschäfts Wagner in der Aarstraße 1 und vor dem Radiogeschäft
Karl Herz, wo sich heute das Feuerwehrhaus befindet, stand jeweils
vor einem Lichterbaum ebenfalls eine Märchendarstellung.
Vom Märchen "Hänsel und Gretel" unterhalb
der kath. Kirche zeugt das weiter unten zu sehende alte Foto.
Es war
schon eine optische Abwechslung und Besonderheit - die Vorweihnachtszeit,
zumal in jenen Tagen kaum jemand ein Fernsehgerät hatte.
In der Parkstraße gab es eine Familie, die andere Bürger
gegen ein kleines Entgelt in ihrem Zimmer mitgucken ließ,
wobei dabei auch noch Zeit zum zwanglosen Plaudern ohne Smartphone,
Chat und sogenannte soziale Netzwerke blieb.
Vor allem sonntags, wenn genügend Zeit dafür war, begaben
sich Katzenelnbogener und Klingelbacher Eltern, aber auch von
den umliegenden Dörfern bei anbrechender Dunkelheit mit ihren
Kindern in den "Flecken", um die zauberhaft geschmückten
Straßen und Geschäfte in aller Stille auf sich wirken
zu lassen. Es herrschte eine beschauliche, anheimelnde Atmosphäre
fernab der Unmenge von Veranstaltungen in der heutigen Vorweihnachtszeit.
Im Gegensatz zu unserer Zeit gehörte aber der Besuch eines
ruhigen Adventsgottesdienstes, in dem die traditionsreichen, jahrhundertelang
überlieferten alten Choräle gesungen wurden, die Sie
unter den Lied-Videos zum Advent finden, dazu. Weihnachtsmarkt-Trubel
in fast jedem Dorf und jeder Stadt sowie Events aller Art waren
noch unbekannt. Ja selbst das Wort "Event" hatte noch
nicht Einzug in die deutsche Sprache gehalten. Als Weihnachtsmarkt
war einzig der Nürnberger Christkindlmarkt präsent.
Staunend und mit leuchtenden Augen
in Erwartung des Heiligen Abends mit den ersehnten Geschenken
spazierten die Kinder an der Hand ihrer Eltern durch die Gassen.
Ein besonderes "Highlight" im wahrsten Sinne des Wortes
war der weithin sichtbare Lichterbaum, dessen Kerzen hoch oben
auf dem Schlosshof hinter der Burgmauer stehend in den Weihnachtshimmel
strahlten. Diesen Baum konnte man schon sehen, wenn man sich von
Dörsdorf her kommend der heutigen Stadt näherte. Er
erfeute natürlich auch die Kinder, die oben in dem im Schloss
untergebrachten Kinderheim (Erholungsheim) lebten. Wenn man in
der Adventszeit mit dem Bus von Wiesbaden kam, wo man im Staatstheater
das Weihnachtsmärchen gesehen hatte, und den hoch oben stehenden
weithin leuchtenden Tannenbaum sah, der wie ein Leuchtturm fungierte,
wusste man: Wir sind im heimatlichen "Flecken" angekommen.
Oberer
Teil des an der Hauswand befestigten Nikolauses
Der
ehemalige kleine Stall mit daran angebrachter Plakatwand auf
der rechten Seite neben den beiden Verkehrsschildern ist schon
lange abgerissen. Heute befindet sich hier auf dem freien Platz
eine Ruhebank. Hinter dem Stall -dort, wo man Pflastersteine
erkennt- stand ein Brunnen, der "Born" (Siehe weiter
unten!). Die Treppe oben links im Bild existiert heute nicht
mehr. Wenn Sie auf den folgenden Link
klicken, sehen Sie das beim Festzug 2012 aufgenommene noch stehende
Fachwerkhaus ohne die Treppe. Das Haus mit Treppe am rechten
Bildrand wurde 2019 abgerissen. Hinter dem mit Tannenreisig
abgedeckten Hexenhaus erkennt man bei genauerem Hinsehen noch
für die Molkerei bestimmte große Milchkannen des
Bauernhofs. Dass an der Abzweigung nach Klingelbach / Laurenburg
und nach Schönborn / Diez sieben vorwiegend dunkel bekleidete
Personen zu sehen sind, deutet darauf hin, dass zum Zeitpunkt
der Fotografie Katzenelnbogener Bürger auf dem Weg zum
Friedhof waren oder möglicherweise einen Gottesdienst in
der katholischen Kirche besuchten.
Die
Born-Ecke in der Obertalstraße im extrem kalten Winter 1928/29 mit Temperaturen
bis zu - 35° C und mehr
Foto:
Christel Ries
Märchendarstellung
"Hänsel und Gretel"
vor großem Lichterbaum
Das
hellgraue Rechteck (gewölbtes Aluminiumblech zum Regenschutz),
das zwischen Hänsel und Gretel und der Hexe erkennbar ist,
ist die Beleuchtungsanlage.
Der
alte Nikolaus heute als Fensterdekoration
Das
ganz alte Konsum in der Lahnstraße 1 zur Weihnachtszeit
Frohe
Weihnachten
wünscht dein KONSUM
Was vor allem
die Jungen angesprochen hat, war die Märklin-Eisenbahn,
die in späteren Jahren im Schaufenster des Konsums zu bestaunen
war.
Fotos:
Dieter Ringelstein
Meine
noch erhaltene Eisenbahn aus den 1950er Jahren
Kaufhaus
Habig in der Lahnstraße 10 zur Weihnachtszeit