Weihnachten

- ein illustriertes Gedicht von Joseph von Eichendorff,

zu dem ich mir eine Melodie einfallen ließ, die Sie als Glockenklang hören und mitsingen können



 

 

Markt und Straßen steh'n verlassen,

 

 

 

still erleuchtet jedes Haus.

Sinnend geh ich durch die Gassen,

alles sieht so festlich aus.

 

 

An den Fenstern haben Frauen

buntes Spielzeug fromm geschmückt.

Tausend Kindlein steh'n und schauen

sind so wunderstill beglückt.

 

 

Und ich wandre aus den Mauern

bis hinaus ins freie Feld.

Hehres Glänzen, heil'ges Schauern!

Wie so weit und still die Welt!

 

 

Sterne hoch die Kreise schlingen;

aus des Schnees Einsamkeit

steigt's wie wunderbares Singen -

O du gnadenreiche Zeit!

Dieses feierliche Gedicht des Joseph von Eichendorff ist eines der bekanntesten Weihnachtsgedichte, das bis zu unserer schnelllebigen und von wirtschaftlichen Interessen geprägten Zeit, in der Lyrik verständlicherweise ein eher stiefmütterliches Dasein fristet, ganze Generationen von Schülern zur Weihnachtszeit gelernt und vorgetragen haben. Es hat zumindest in Deutschland eine ähnlich weite Verbreitung gefunden wie Josef Mohrs und Franz Xaver Grubers 1818 geschriebenes Lied "Stille Nacht, heilige Nacht". Der Grund liegt wohl darin, dass das Gedicht durch seine bildhafte und Ruhe ausstrahlende Sprache in eindrucksvoller Weise die weihnachtliche Grundstimmung wiedergibt und damit steht es eigentlich in starkem Kontrast zu den Empfindungen der Menschen unserer Tage, bei denen kaum noch Zeit für Besinnlichkeit vorhanden ist. Selbst im schulischen Aufsatzunterricht stehen heute die sachlichen Textgestaltungen wie z.B. Beschreibung und Bericht im Vordergrund. Schilderungen, die eine bestimmte Stimmung wiedergeben, sind in unserer nüchternen Welt weitgehend außer Mode gekommen.

Joseph Freiherr von Eichendorff wurde am 10. März 1788 auf Schloss Lubowitz in Oberschlesien geboren und starb am 26. November 1857 in Neisse. Er studierte in Heidelberg und trat 1816 in den preußischen Staatsdienst, der ihn 1831 nach Berlin führte. Dort war er bis zum Jahr 1844 als Regierungsrat im Kultusministerium Referent für katholische Angelegenheiten. Eichendorff ist der bekannteste unter den deutschen Dichtern der Romantik. Seine Liebe galt vor allem der Natur, die sich in seinen Gedichten widerspiegelt. Ein eindrucksvolles Beispiel hierzu ist sein Gedicht "Winternacht", in dem vom "verlassenen" Baum die Rede ist, was den Leser unmittelbar an das berühmte Gemälde "Der einsame Baum" des frühromantischen Malers Caspar David Friedrich erinnert. Etliche Volksieder wie "Wem Gott will rechte Gunst erweisen" oder "In einem kühlen Grunde" und andere stammen aus seiner Feder. Von seinen Novellen ist "Das Leben eines Taugenichts" die bekannteste.

Um eine eventuelle Tonüberschneidung mit dem Video zu vermeiden, ggf. die Hintergrundmusik vorher mit dem oben befindlichen Schalter abstellen.




Video "Markt und Straßen"

Copyright © Wolfgang Jakupka