Ich bin die Stimme
des Lebens. Ich rufe euch. Kommt beten.
Lateinische Inschrift einer der Wasenbacher Glocken
VIVOS
VOCO. MORTUOS PLANGO.
Die
Lebenden rufe ich. Die Toten beklage ich.
Der Glockenturm
Das
Turmdach wurde ANNO (Abk.: AO.) 1688 erneuert, der untere Teil
des Turms muss älter sein. Er ist wie der übrige Teil
der Kirche aus Bruchsteinen gemauert. Das zugespitzte Dach ist
mit Schiefer gedeckt. Unterhalb des Dachs trägt er die folg.
Inschrift: "NOMEN
DOMINI TVRRIS FORTISSIMA". Aus dem Lateinischen übersetzt
heißt das: "Der Name des Herrn ist der festeste Turm". Die
beiden im Turm hängenden Glocken erklingen in den Tönen
H und Gis. Der auf der kleinen Glocke stehende Spruch "BETE UND
ARBEITE" ist die deutsche Form der lat. Mönchsregel des Benediktinerordens
"ORA ET LABORA". Die große Glocke trägt den Spruch:
"CHRISTUS IST UNSER LEBEN." Auf beiden Glocken ist der Name der
Gießerei am oberen Rand zu lesen: "GEG. V. BOCHUMER VEREIN
I. BOCHUM 1923". Auf einem Balken hinter den Glocken ist groß
eingeritzt: ANNO d. GOTT MIT VNS (Foto siehe weiter unten!)
Portal-Seite
der Kirche mit
Blick auf den Turm
Zur vergrößerten Inschrift
auf das Foto klicken!
NOMEN
DOMINI TVRRIS FORTISSIMA PROV. 18. AO. 1688
Der Name des Herrn ist der stärkste (festeste, dauerhafteste)
Turm.
PROV als Abkürzung für
das Buch der Sprüche Salomos
[lat.: LIBER PROVERBIORUM]
Bibel (AT),Sprüche Salomos
18,10
In
der "Vulgata", der lat. Bibelübersetzung
des heiligen Hieronymus, lautet der vollständige
Spruch folgendermaßen: turris fortissima
nomen Domini ad ipsum currit iustus et exaltabitur
(Der stärkste Turm ist der Name des Herrn,
zu ihm geht der Gerechte und wird erhöht werden.)
Dieser gesamte Spruch steht als Inschrift auf
der "Kleinen Uhrglocke" des Frankfurter
Doms St. Bartholomäus.
Auf dem Bild sichtbarer Teil der Inschrift
am oberen Rand der Glocke:
Inschrift
des Glockenguss-Jahres unter dem Frankfurter
Wappen:
In
der Lutherübersetzung heißt es:
Der Name des Herrn ist ein festes Schloss;
der Gerechte läuft dahin und wird beschirmt.
Diese Übersetzung erinnert den Leser sofort an
den Choral "Ein
feste Burg ist unser Gott".
Das gleiche wie in Schönborn verkürzte
Bibelzitat steht übrigens als Umschrift im
oberen Halbkreis der Vorderseite des aus Silber
gefertigten Frankfurter Konventionstalers
des Jahres 1772 (MDCCLXXII), auf dem unter
dem Trinitätsdreieck mit umgebendem Strahlenkranz
von ganz links ausgehend betrachtet folgende Bauwerke
zu sehen sind:
ein Stadtmauerturm, einer der beiden Hafenkräne
direkt am Mainufer, dahinter die Leonhardskirche
und links davon das Karmeliterkloster, beides überragt
vom Turm der Nikolaikirche, rechts vom Kran der
Leonhardsturm, der wiederum vom Turm des Frankfurter
Doms überragt wird und über dem Domdach
erkennbar links der Turm der Kirche des Hospitals
zum Heiligen Geist und rechts daneben das Türmchen
der Dominikanerkirche; rechts vom Dom ist der Rententurm
abgebildet und noch etwas weiter rechts sieht man
den Brückenturm zur Alten Mainbrücke und
in der Mitte der Brücke ein Kruzifix mit dem
goldenen"Brickegickel" auf dessen Spitze;
ganz rechts am Rand der Münze die Heiliggeistkirche
(Dominikanerkloster) des Stadtteils Sachsenhausen.
Die Erhebung im Hintergrund deutet den Spessart
an.
Unterhalb der Alten Mainbrücke ist der von
Booten befahrene Main und am unteren Münzrand
die Standarte der freien Reichsstadt mit dem markanten
Adler dargestellt.
Auf der Rückseite ist -wie auf der Glocke weiter
oben- der aufgerichtete und bekrönte Adler
zu sehen. Die rückseitige Umschrift lautet:
MONETA REIPVBL FRANCOFVRT AD LEGEM
CONVENTIONIS
Das Kurzzitat Nomen taucht zuerst
auf Dukaten des Jahres 1633 auf und dann zeitweise
auf fast allen größeren Nominalen der
Stadt. Der fromme Spruch war geradezu eine Art Münzmotto
Frankfurts und damit auch ein Stadtmotto.
Die Kirchturmspitze
(alte Ausführung, jetzt an der Außenwand der
Kirche befestigt)
Guss:
1877 / Dresden
Gewicht: 689,5 kg
Durchmesser:
102 cm
Stimmung:
gis'
Blickrichtung:
flussaufwärts
Da
die Kirchengemeinde im Jahr 1917 ihre große Bronzeglocke
für Kriegszwecke hatte abliefern müssen, wurde beim
Bochumer Verein für Bergbau ein neues Stahlglockengeläut
-bestehend aus 2 Glocken- bestellt. Es wurde im Jahr 1923
gegossen, aber die französische Besatzungsmacht verbot
die Verschickung. So kamen die Glocken erst am 31.12.1923
in Zollhaus an. Der Preis sollte 45930 RM betragen. Infolge
der fortschreitenden Inflation mussten noch 43 Billionen für
Fracht an die Reichsbahn und 30 Billionen Frachtkosten bis
zur Installierung auf dem Turm im Januar 1924 von der evangelischen
Kirchengemeinde aufgebracht werden. (Notiz
von Pfr. Dittmer aus dem Jahr 1960)
Auf beiden Glocken steht
am oberen Rand: GEG.(OSSEN) V.(OM) BOCHUMER VEREIN I.(N) BOCHUM
1923.
Die
kleine Glocke
ist die Vaterunser-Glocke.
Zeitläuten um 7.00, 11.00
und 18.00
Stimmung: Auf den Ton H
Gewicht : 430 Kilogramm
Unterer Außendurchmesser:
92 Zentimeter
Aufschrift: BETE
UND ARBEITE
Die
große Glocke
ist die Sterbeglocke.
Außerdem läutet sie
zwei Stunden und eine Stunde vor den Gottesdiensten.
Stimmung: Auf den Ton GIS
Gewicht : 769 Kilogramm
Unterer Außendurchmesser:
110 Zentimeter
Aufschrift: CHRISTUS
IST UNSER LEBEN
Um
den Klang der jeweiligen Glocke(n) zu hören, klicken
Sie bitte auf das entsprechende Foto!
ANNO d. GOTT MIT VNS
Die
Sanierung des Kirchturmdachs September/Oktober 2008
Fotos:
W. Jakupka, 21.9.2008
Ein
Turmfalke, der sich im und auf dem Turm wohlfühlt
Friedrich
Schiller: Das Lied von der Glocke (Auszug)
...Und
dies sei fortan ihr Beruf,
wozu der Meister
sie erschuf:
Hoch überm
niedern Erdenleben
soll sie im
blauen Himmelszelt,
die Nachbarin
des Donners, schweben
und grenzen
an die Sternenwelt;
soll eine Stimme
sein von oben
wie der Gestirne
helle Schar,
die ihren Schöpfer
wandelnd loben
und führen
das bekränzte Jahr.
Nur ewigen und
ernsten Dingen
sei ihr metallner
Mund geweiht
und stündlich
mit den schnellen Schwingen
berühr
im Fluge sie die Zeit.
Dem Schicksal
leihe sie die Zunge;
selbst herzlos,
ohne Mitgefühl,
begleite sie
mit ihrem Schwunge
des Lebens wechselvolles
Spiel.
Und wie der
Klang im Ohr vergehet,
der mächtig
tönend ihr entschallt,
so lehre sie,
dass nichts bestehet,
dass alles Irdische
verhallt. ...
Zur Bedeutung des Wortes "Glocke"
Die im 6. Jahrhundert aus
Nordafrika nach Italien eingeführten Glocken fanden
auch im übrigen Europa rasch Verbreitung. Besonders
in Irland wurden kunstvolle Glocken für gottesdienstliche
Zwecke hergestellt. Im Rahmen der Missionstätigkeit
irischer Mönche lernten die Germanen diese Glocken
kennen und übernahmen mit der Sache auch das Wort.
Mhd. glocke, ahd. glocca,
clocca, mniederl. klocke (daraus dann entlehnt das engl.
Wort clock "Uhr"), schwed. klocka, aengl. clucge, mlat.-roman.
clocca (beachte frz. cloche) beruhen auf einem keltischen
cloc (= ir. clocc) "Glocke, Schelle", das seinerseits
schallnachahmenden Ursprungs ist.
Die erste
Glocke der Welt mit Seilzug wurde im Jahr
580 in Tours/Frankreich aufgestellt. Läutemaschinen
gibt es etwa seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Im
Kölner Dom wurde erstmals im Jahr 1904 elektrisch
geläutet.
Die älteste
Kirchenglocke Deutschlands, die
Lullusglocke, befindet sich in der Stiftsruine
von Bad Hersfeld.
Große
Glocken
[Hierbei denkt man unwillkürlich
an die Redensart "etwas an die große Glocke
hängen".]
Nôtre-Dame
de Paris:
1680
12800
kg
Stephansdom
in Wien:
1771
19800
kg
Peterskirche
in Rom:
1775
15700
kg
Dom zu
Köln:
1923
24500
kg
Die derzeit
größte klingende Glocke der Welt dürfte
die asiatische "Mingun-Glocke" sein, die in
Birma hängt. Die Glocke ist nach ihrem Aufstellungsort
benannt. Sie soll 96000 kg wiegen und wird noch heute
angeschlagen.
Wetterläuten
Wenn ein Gewitter
aufzog, war es in vergangenen Jahrhunderten üblich,
zum Schutz vor Feuer, das Brände auslöste und
Hagel, der die Ernte vernichtete, die Glocken zu läuten.
Diese Tradition wird heute noch in den Bayerischen Alpen
gepflegt.
Die Inschrift auf
der ältesten Glocke der Kirche von Klingelbach (>
Klang der Glocke) aus dem Jahr
1465 endet mit den Worten: "... alle bose weder vor driben
ich", in heutigem Deutsch: "Alle bösen Wetter vertreibe
ich."
Klöppelbruch
bei der kleinen Glocke im Juni 2022
Der
noch an der Glocke hängengebliebene Teil
(Blick von unten in die Glocke)
Der
abgebrochene Teil des Klöppels
Der
Einbau eines neuen Klöppels erfolgte am 26.9.2022
durch die Firma Diegner & Schade, Dorsten.