2004: Evangelisches Gesangbuch (EG) wurde 10

"Herrscher des Himmels erhöre das Lallen, lass dir die matten Gesänge gefallen", heißt es in
Bachs Weihnachtsoratorium. Das bestätigt sich heutzutage sicher mehr als zu Zeiten der "Wittenberger Nachtigall" namens Martin Luther. Das EG wird 10 Jahre alt. Das ist Anlass für eine kurze Zwischenbilanz.- Welche Ideen standen 1994 Pate bei der letzten Neu-Ausgabe? Das Gesangbuch sollte verständlicherweise zunächst einmal frischen Wind in den mehr oder weniger erstarrten Kirchengesang bringen, gepaart mit der Hoffnung mehr  junge Menschen für den Gottesdienstbesuch zu begeistern. Ökumenisches Liedgut geriet in den Blickpunkt des Interesses. Die Notation der Choräle erschien für den gesangsmäßig ungeübten Kirchgänger zu hoch, also transponierte man sie in tiefere Tonarten, was zur Folge hat, dass die Lieder oft nicht mehr so fröhlich klingen (Bsp.: "Liebster Jesu, wir sind hier" oder "Lob Gott getrost mit Singen" (EG 206 und 243, beide früher G-DUR, heute F-DUR). Sie haben an Glanz verloren wie auch "Macht hoch die Tür", das von F-Dur nach Es-DUR umgeschrieben worden ist. Angesichts der Globalisierung fügte man (zum großen Teil ansprechende) Lieder aus aller Welt ein, teilweise sogar in der Originalsprache. Bei der vorhergehenden Neuausgabe des EKG als zu sentimental empfundene Lieder wie "Stille Nacht", "Herbei, o ihr Gläubigen"  oder "So nimm denn meine Hände" wurden wieder aufgenommen, weil sie trotz aller Miesmacherei altersunabhängig immer gern gesungen wurden. Überhaupt gilt: Den Gottesdienstbesuchern geht es vorwiegend um eine einprägsame, markante Melodie. Nur Lieder, die diese Bedingung erfüllen, setzen sich auf Dauer durch und seien sie noch so alt und textlich unverständlich. Wenig melodiöse Lieder mit afrikanischen Rhythmen und Synkopen sind für Otto Normalverbraucher nicht geeignet. Da bringt auch die digitale Ausgabe des Gesangbuchs auf CD-ROM nichts. Die seinerzeit erhoffte Zunahme des Gottesdienstbesuches ist auch ausgeblieben. Altmodische Lieder oder angeblich ungünstige Gottesdienstzeiten sind leider oft nur ein Vorwand, die Kirche nicht attraktiv genug zu finden.